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Massenproteste gegen Polizeigewalt in Frankreich

Ausschreitungen mit dutzenden Verletzten in Paris

In Frankreich sind mehr als hunderttausend Menschen gegen Polizeigewalt und für die Pressefreiheit auf die Straße gegangen. Wie das Innenministerium mitteilte, beteiligten sich am Samstag 133.000 Menschen an Demonstrationen in rund 70 Städten. Nach Angaben der Veranstalter nahmen hingegen allein an einem Protestzug in der Hauptstadt Paris 200.000 Menschen teil. Am Rande der Proteste kam es zu Ausschreitungen mit dutzenden Verletzten, die Polizei nahm mehr als 80 Menschen fest.

Die Proteste richteten sich gegen ein geplantes Gesetz, mit dem die französische Regierung bestimmte Foto- oder Filmaufnahmen von Polizisten unter Strafe stellen will. Angefacht wurden sie von neuen Fällen von Polizeigewalt, die in den vergangenen Tagen durch Videoaufnahmen bekannt geworden waren und landesweit für Entsetzen gesorgt hatten.

Aufgerufen zum "Marsch der Freiheiten" hatten Journalistengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen. Nach Angaben der Veranstalter nahmen insgesamt 500.000 Menschen an den landesweiten Demonstrationen teil. Allein in Paris beteiligten sich demnach 200.000 Menschen an einem Protestzug vom Platz der Republik zum Platz der Bastille im Stadtzentrum. Das Innenministerium sprach hingegen nur von landesweit insgesamt 133.000 Demonstranten, davon 46.000 in Paris.

Auch in vielen anderen Städten wie Straßburg, Bordeaux, Lyon, Marseille, Rennes, Lille, Nantes und Montpellier gingen tausende Menschen auf die Straße. Die Demonstrationen verliefen zunächst friedlich, am Abend kam es aber in mehreren Städten zu Ausschreitungen. In Paris setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die Barrikaden errichteten, Steine auf die Sicherheitskräfte warfen und mehrere Feuer legten. Die Polizei nahm nach Angaben des Innenministeriums 81 Menschen fest.

Wie das Innenministeriums am Sonntag mitteilte, wurden bei den Zusammenstößen 62 Polizisten und Gendarmen verletzt, darunter 23 in Paris. Auf Videos, die in Online-Netzwerken verbreitet wurden, waren Polizisten zu sehen, die von Demonstranten zusammengeschlagen wurden. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin verurteilte die Angriffe auf Polizisten als "inakzeptabel".

Zur Zahl der verletzten Demonstranten in Paris machten die Behörden zunächst keine Angaben. Aus dem Rest des Landes meldete die Polizei zwei verletzte Demonstranten.

Unter den Verletzten ist auch ein Fotograf, der unter anderem für die Nachrichtenagentur AFP arbeitet und über die Demonstration in Paris berichtet hatte. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisierte die Polizei für die "inakzeptable" Gewalt. Der Fotograf Ameer al Halbi sei mit einem Schlagstock im Gesicht verletzt worden, erklärte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire im Onlinedienst Twitter.

Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron will mit dem Gesetz für "umfassende Sicherheit" die Verbreitung von Foto- oder Filmaufnahmen von Polizeieinsätzen unter Strafe stellen, wenn dadurch die "körperliche oder psychische Unversehrtheit" einzelner Beamter gefährdet wird. Mit dem Gesetz will die Regierung die Einsatzkräfte nach eigenen Angaben besser schützen.

Journalistenverbände befürchten jedoch eine massive Einschränkung der Pressefreiheit. Kritiker argumentieren zudem, dass in der Vergangenheit viele Fälle von Polizeigewalt ungestraft geblieben wären, wenn sie nicht gefilmt und im Internet verbreitet worden wären.

Erst in den vergangenen Tagen waren in Frankreich zwei neue Fälle von Polizeigewalt durch Videoaufnahmen bekannt geworden. Selbst Präsident Macron zeigt sich am Freitag schockiert über "beschämende" Aufnahmen von Polizisten, die einen schwarzen Musikproduzenten in seinem Pariser Studio zusammengeschlagen und rassistisch beleidigt hatten. Zuvor hatte es bereits massive Kritik an der Polizei wegen der gewaltsamen Räumung eines Flüchtlingslagers in Paris gegeben.

by Von Alice LEFEBVRE und Daphne ROUSSEAU