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Marine Le Pen als Parteichefin der französischen Rechtspopulisten wiedergewählt

52-Jährige sichert sich bei Wahl ohne Gegenkandidaten viertes Mandat

Trotz seiner schweren Schlappe bei den jüngsten Regionalwahlen in Frankreich hat der rechtspopulistische Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung) seine Parteichefin Marine Le Pen im Amt bestätigt. Die 52-Jährige wurde mit gut 98 Prozent der Stimmen für ihre vierte Amtszeit an der Parteispitze wiedergewählt, wie der RN am Sonntag beim Parteitag im südfranzösischen Perpignan mitteilte. Gegenkandidaten gab es nicht.

Die RN-Mitglieder hatten in den vergangenen Wochen per Post und online ihre Stimmen abgegeben. Le Pen steht seit 2011 an der Spitze der früheren Front National, die sich 2018 in Rassemblement National (RN) umbenannt hatte.

Bei den Regionalwahlen im Juni war der RN trotz guter Umfragewerte leer ausgegangen und konnte keine einzige Region für sich entscheiden. Le Pens Partei büßte 30 Prozent ihrer Wähler ein.

Die Parteichefin ist deshalb in Erklärungsnot. Die RN-Führung macht die niedrige Wahlbeteiligung, insbesondere unter Jungwählern und der Arbeiterschaft, für die Wahlschlappe verantwortlich. Doch einige Anhänger stellten auch Le Pens "Normalisierungs"-Strategie in Frage.

Mit dieser Taktik ist die 52-Jährige seit Jahren bemüht, sich vom rechtsextremen Erbe ihres Vaters Jean-Marie Le Pen zu distanzieren und den RN als bürgerliche politische Kraft zu etablieren. Am Sonntagnachmittag wollte sie in einer Parteitagsrede ihren Kurs erläutern und sich zu ihrer Präsidentschaftskandidatur im kommenden Jahr äußern, an der sie trotz der Wahlschlappe festhält.

Vor Journalisten zeigte sich Le Pen am Sonntag "extrem kämpferisch und entschlossen". Sie sei keineswegs "entmutigt", erklärte sie. "Ich habe keinen Zweifel daran, was für Frankreich zu tun ist."

Zu Le Pens erstem Stellvertreter wurde beim Parteitag erneut der 25-jährige Jordan Bardella gewählt, der die 52-Jährige damit voraussichtlich ab September an der Spitze der Partei vertreten wird. Le Pen will ihr Amt während des Präsidentschaftswahlkampfes ruhen lassen. Die Parteimitglieder stimmten am Samstag für eine Satzungsänderung, die eine Vertretung der Parteichefin durch den Stellvertreter für zwölf Monate ermöglicht.

Für den Posten des ersten Stellvertreters hatte neben Bardella auch der Bürgermeister von RN-Hochburg Perpignan, Louis Aliot, kandidiert. Die Wahl von Le Pens Schützlings Bardella werteten Beobachter als Zeichen, dass die Partei weiter hinter ihrer Linie steht.

Der RN ist seit den 80er Jahren zu einer einflussreichen politischen Kraft geworden, konnte aber nie einen größeren Sieg einfahren - nicht zuletzt deshalb, weil die anderen Parteien sich gegen ihn zusammenschlossen, wenn es darauf ankam. Bei der Präsidentschaftswahl 2017 schaffte Le Pen es in die zweite Wahlrunde, unterlag jedoch dem Liberalen Emmanuel Macron.

Laut Umfragen könnte sie sich auch bei der nächsten Präsidentschaftswahl in zehn Monaten wieder für die zweite Runde qualifizieren und dort erneut auf Macron treffen. Doch diese Prognose gilt längst nicht mehr als ausgemachte Sache, denn auch Macrons Regierungspartei La République en Marche (LREM) schnitt bei den Regionalwahlen unerwartet schlecht ab.

Ein starker Kandidat des konservativen Lagers könnte den beiden noch gefährlich werden. Der frühere Gesundheitsminister Xavier Bertrand, der bei den Regionalwahlen klar als Präsident der nordfranzösischen Region Hauts-de-France bestätigt wurde, hat seine Ambitionen auf eine Kandidatur bereits angekündigt. Allerdings sieht er sich im konservativen Lager mehreren Herausforderern im Ringen um die Kandidatur gegenüber.

by Von Anne RENAUT