Eineinhalb Jahre nach massiven Ausschreitungen auf der französischen Mittelmeerinsel Korsika hat Präsident Emmanuel Macron den Inselbewohnern zugesagt, den korsischen Sonderstatus in der Verfassung des Landes zu verankern. Er befürworte es, "dass die Besonderheiten der korsischen Inselgemeinschaft in einem eigenen Verfassungsartikel anerkannt werden", sagte er am Donnerstag bei einem Besuch der Insel. Dabei gehe es um die "historische, kulturelle und sprachliche" Besonderheit Korsikas.
Innerhalb der kommenden sechs Monate solle ein Gesetzestext erarbeitet werden, der dann als Grundlage für eine Verfassungsänderung diene. Dies führe dazu, "die Identität Korsikas zu wahren und zugleich in den Grenzen der Republik zu bleiben", sagte der Präsident. Bei seiner Rede im korsischen Regionalparlament waren im Hintergrund die europäische, die französische und die korsische Flagge zu sehen.
Macron sprach sich außerdem für eine "Autonomie Korsikas innerhalb der Republik" aus. "Dies soll keine Autonomie gegen oder ohne den Staat sein, sondern eine Autonomie für Korsika und innerhalb der Republik", führte er aus. Dazu zähle etwa die Möglichkeit, in manchen Bereichen eigene Vorschriften zu erlassen, die jedoch mit der Verfassung übereinstimmen müssten.
Anlass des Korsikareise des Präsidenten ist eine Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung der Insel von den deutschen Besatzern. Macrons Besuch beschließt aber zugleich die vor 18 Monaten begonnenen Gespräche zwischen der französischen Regierung und korsischen Politikern.
Nach dem Tod des korsischen Häftlings Yvan Colonna im März 2022 waren auf der Insel heftige Unruhen ausgebrochen. Colonna wird auf Korsika von vielen als Unabhängigkeitskämpfer verehrt. Korsische Nationalisten fordern seit langem eine größere Autonomie der Insel, eine Anerkennung des "korsischen Volkes" und der korsischen Sprache als Amtssprache.
Macron hatte schon zuvor bekräftigt, dass Französisch die einzige Amtssprache bleiben solle, zeigte sich nun aber offen dafür, dass die korsische Sprache "besser unterrichtet" werde.
Der Weg zu einer Verfassungsänderung ist lang: Es müssen beide Kammern des Parlaments zusammenkommen und mit einer Mehrheit von drei Fünfteln abstimmen.
kol/bog