Die Entscheidung im Machtkampf zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder bleibt offen. Die beiden Parteichefs seien in intensiven Gesprächen, wer von ihnen die Kanzlerkandidatur übernimmt, verlautete am Donnerstag aus Parteikreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Sie hätten sich selbst das Ziel gesetzt, die Kandidatenfrage bis zum Wochenende zu klären. Alternativ wurde auch über eine Entscheidung in der Bundestagsfraktion spekuliert.
Die Schwesterparteien empfinden die ungeklärte Machtfrage zunehmend als Belastung, es wurden weitere Forderungen nach einer raschen Klärung laut. "Armin Laschet und Markus Söder müssen endlich ihre Verantwortung für die Union begreifen", sagte der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, der "Bild"-Zeitung. "Wenn die Selbstzerfleischung so weitergeht wie die letzten Tage, sorgen sie gemeinsam dafür, dass in Zukunft von CDU und CSU nicht mehr viel übrig ist."
Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation schlug ein Verfahren vor: Die Kontrahenten müssten "mit beiden Führungsspitzen der Parteien in ein Konklave gehen und erst wieder rauskommen, wenn sie sich geeinigt haben", sagte Kuban.
Berichten der Zeitung "Die Welt" und des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge könnte die Entscheidung doch am kommenden Dienstag in der Bundestagsfraktion fallen. Dies solle dann gelten, wenn am Wochenende den Kontrahenten keine Klärung der K-Frage gelinge, hieß es auch in dem Portal "Business Insider".
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte eine Entscheidung auf Grundlage der Popularitätswerte - und deutete damit eine Präferenz für Söder an. "Leider geht es jetzt nur um die harte Machtfrage: Mit wem haben wir die besten Chancen?", sagte Haseloff dem "Wir". Mit scharfer Kritik reagierte darauf die nordrhein-westfälische CDU-Politikerin Serap Güler. Sie sei "fassungslos", sagte Güler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sie jedenfalls sei "wegen meiner Werte und meiner Haltung und nicht wegen Umfragewerten" in die Politik gegangen.
In den Umfragen liegt CSU-Chef Söder derzeit weit vor Laschet - sowohl unter Unionsanhängern als auch unter den Befragten insgesamt. Söder wirbt mit dem Argument seiner starken Umfragewerte für seine Benennung zum Kanzlerkandidat von CDU und CSU. Laschets Argument hingegen lautet, Umfragen seien kurzlebig - die Kandidatenfrage müsse auch anhand anderer Kriterien entschieden werden.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak stellte sich hinter seinen Parteivorsitzenden Laschet als Kanzlerkandidaten. Gegenüber dem "Wir" verwies Ziemiak auf die Unterstützung in CDU-Präsidium und -Vorstand für Laschet. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) drängte Söder im "Wir" zum Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kritisierte den Machtkampf in der Union als Belastung für die Zusammenarbeit in der Bundesregierung. "Es erschwert das Arbeiten in der Koalition, wenn ganz viele Kräfte in einem Machtkampf gebunden werden", sagte Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Donnerstag. Sie rief CDU und CSU dazu auf, "nicht aus dem Blick zu verlieren, was wirklich wichtig ist."
by Tobias SCHWARZ