Bei einem Besuch in Libyen hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) vor einer "trügerischen Ruhe" in dem Bürgerkriegsland gewarnt. Die Konfliktparteien würden weiterhin von ihren ausländischen Verbündeten aufgerüstet, kritisierte Maas am Montag in Tripolis. In Gesprächen mit dem Chef der von der UNO anerkannten libyschen Einheitsregierung, Fajes al-Sarradsch, sowie mehreren Ministern wolle er unter anderem für die Einrichtung einer demilitarisierten Zone rund um die umkämpfte Stadt Sirte werben.
Die Vereinten Nationen hätten bereits einen "guten Vorschlag" für eine solche demilitarisierte Zone vorgelegt, erklärte Maas. Entscheidend für eine Lösung des Konflikts in Libyen sei aber auch eine "gerechtere Verteilung der Öleinnahmen", über die er mit dem Vorsitzenden der nationalen Ölgesellschaft sprechen wolle.
Beratungen stehen laut Maas auch zur Situation der Flüchtlinge in Libyen an. Die Bundesregierung fordere seit langem die Schließung der Haftzentren für Migranten und alternative Unterbringungen im städtischen Umfeld, erklärte der SPD-Politiker. Auch sei Deutschland weiterhin bereit, Libyen bei der Bekämpfung von Schleusernetzwerken zu unterstützen.
Von Tripolis reist Maas am Montag weiter nach Abu Dhabi. Unter anderem wolle er dort seinem Amtskollegen Scheich Abdullah bin Sajed al-Nahjan zur diplomatischen Annäherung an Israel gratulieren, erklärte Maas. Angesichts der Entwicklungen mit Blick auf Israel hoffe die Bundesregierung "auch beim Thema Libyen auf positive Signale aus Abu Dhabi". Die Emirate hätten Einfluss auf den libyschen General Chalifa Haftar, "und wir erwarten, dass sie diesen – ganz im Sinne des Berliner Prozesses – auch nutzen", betonte Maas.
Libyen ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von gewaltsamen Konflikten geprägt. Die Einheitsregierung von al-Sarradsch in Tripolis ist schwach. Ein Großteil des Ostens und Südens des Landes wird von Haftars Truppen kontrolliert. Zudem sind weitere Länder in den Konflikt involviert: Die Türkei und Katar stehen auf der Seite der Einheitsregierung, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Russland unterstützen Haftar und seine Truppen.
by Louisa GOULIAMAKI