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Maas reist nach Israel und in die Palästinensergebiete

Netanjahu droht Hamas - Berichte über mögliche Waffenruhe

Angesichts der gewaltsamen Eskalation des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern reist Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Donnerstag zu politischen Gesprächen nach Israel und ins Westjordanland. Bei den Gesprächen werde es um die internationalen Bemühungen um ein Ende der Gewalt gehen, erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Mittwoch in Berlin. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen derweil mit weitergehenden militärischen Schritten.

Nach Angaben seines Ministeriums wird Maas in Jerusalem zu Gesprächen mit seinem israelischen Amtskollegen Gabi Aschkenazi, Verteidigungsminister Benny Gantz sowie Staatspräsident Reuven Rivlin zusammenkommen. In Ramallah im Westjordanland ist ein Treffen des Außenministers mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtajjeh geplant.

Maas verurteilte am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde im Bundestag erneut den "Raketenterror" der Hamas und forderte ein sofortiges Ende der Angriffe auf Israel. Zugleich äußerte der Außenminister seine Besorgnis darüber, dass es in der Nahost-Diplomatie seit Jahren nicht vorangehe. Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern lasse sich nur lösen durch eine "verhandelte Zwei-Staaten-Lösung", betonte Maas. "Daran ist in den letzten Jahren viel zu wenig gearbeitet worden."

Die diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung der jüngsten Gewalteskalation liefen bislang ins Leere. Die vierte Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in acht Tagen brachte am Dienstag erneut keine gemeinsame Erklärung. Nach Diplomatenangaben scheiterte der Vorstoß am Widerstand der USA, die eine Verurteilung ihres Verbündeten Israels ablehnen.

Am Mittwoch drohte Washington damit, einen neuen, von Frankreich vorgelegten Resolutionsentwurf ebenfalls nicht zu unterstützen. "Wir werden keine Handlungen unterstützen, von denen wir glauben, dass sie die Bemühungen um eine Deeskalation unterminieren", sagte ein Sprecher der US-Delegation bei den Vereinten Nationen der Nachrichtenagentur AFP. In dem französischen Resolutionsentwurf wird eine Einstellung der Kampfhandlungen sowie die Gewährleistung humanitärer Zugänge gefordert.

In bilateralen Gesprächen mit Israel dringt offenbar aber auch Washington auf eine "bedeutsame Deeskalation" in dem Konflikt. In einem Telefonat mit Netanjahu habe US-Präsident Joe Biden deutlich gemacht, "dass er heute eine bedeutsame Deeskalation auf dem Weg zu einer Waffenruhe erwartet", teilte das Weiße Haus am Mittwoch mit.

Zuvor hatte Netanjahu eine scharfe Drohung an die Hamas gerichtet. Es gebe nur zwei Wege, mit der radikalislamischen Miliz im Gazastreifen umzugehen: "Entweder man erobert sie - und das ist immer eine mögliche Option - oder man schreckt sie ab". Israel schließe keine Option aus, betonte er.

Aus israelischen Armeekreisen hieß es derweil, die Möglichkeit einer Waffenruhe werde geprüft. Israel wolle sicherstellen, dass die militärischen Ziele der Luftangriffe erreicht wurden, und dass die Hamas "die Botschaft verstanden hat", erklärte ein Armeevertreter, der anonym bleiben wollte.

Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern war Anfang der vergangenen Woche wieder massiv eskaliert. Einer der Auslöser war die drohende Zwangsräumung palästinensischer Wohnungen in Ost-Jerusalem.

Seitdem wurden nach Angaben der israelischen Armee rund 3700 Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Die israelische Armee reagierte mit Luftangriffen auf Einrichtungen der Hamas und anderer militanter Gruppen. Mehr als 230 Menschen wurden getötet, die meisten von ihnen Palästinenser.

Auch in der Nacht zum Mittwoch wurden aus dem Gazastreifen erneut 50 Raketen auf den Süden Israels abgefeuert, wie das israelische Militär mitteilte. Die Luftwaffe habe in der Nacht 40 "unterirdische Ziele der Hamas" im Süden des Küstenstreifens angegriffen.

Zum dritten Mal binnen einer Woche wurde Israel zudem aus dem Süden des Libanon angegriffen. Vier Raketen seien aus dem Dorf Seddiqine im Bezirk Tyre abgefeuert worden, hieß es aus libanesischen Militärkreisen. Die israelische Armee reagierte mit Artilleriefeuer auf mehrere Ziele im Libanon. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.

by Von Sakher Abou El Oun und Jonah Mandel