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Lukaschenko zeigt sich ein Jahr nach umstrittener Wiederwahl unnachgiebig

USA verhängen neue Sanktionen gegen Minsk

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat sich ein Jahr nach seiner umstrittenen Wiederwahl unnachgiebig gegenüber seinen Kritikern gezeigt und jegliche Repression in seinem Land geleugnet. "In meinem Land gibt es keine Repression, und es wird sie auch nie geben. Das habe ich nicht nötig", sagte er am Montag auf einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit Journalisten und Würdenträgern. Die USA kündigten derweil weitere Sanktionen gegen Lukaschenkos Regierung an.

Der seit fast drei Jahrzehnten autoritär regierende Staatschef war vor einem Jahr trotz massiver Betrugsvorwürfe zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden. Dies löste in Belarus beispiellose Massenproteste aus, die von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen wurden. Seitdem gehen die Behörden mit zunehmender Härte gegen Regierungskritiker vor.

Vergangene Woche war der belarussische Aktivist Witaly Schischow erhängt in einem Park der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgefunden worden. Schischows Umfeld geht von eine "gezielten Einsatz" des belarussischen Geheimdienstes aus. Lukaschenko wies jegliche Verwicklung der belarussischen Behörden in den Tod des 26-Jährigen zurück. "Schischow, wer ist das für mich oder für Belarus?", sagte der Präsident. "Er war ein Niemand für uns. Wer wäre da hingefahren, um ihn zu erhängen?" Die ukrainischen Behörden ermitteln nach Schischows Tod unter anderem wegen "als Selbstmord getarnten Mordes".

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Vorfall rund um einen belarussischen Regierungskritiker für internationales Aufsehen sorgt. Im Mai hatte die Regierung von Lukaschenko ein Ryanair-Flugzeug zur Landung gezwungen und den in der Maschine sitzenden regierungskritischen Blogger Roman Protassewitsch und dessen Partnerin Sofia Sapega festgenommen.

Die EU, die USA, Großbritannien und Kanada verhängten daraufhin im Juni neue Strafmaßnahmen gegen Verantwortliche und Unternehmen aus Belarus. Am Montag kündigte das Weiße Haus weitere Sanktionen gegen Lukaschenkos Regierung an. US-Präsident Joe Biden werde einen entsprechenden Erlass unterzeichnen, unter anderem wegen Lukaschenkos "Angriff auf die demokratischen Bestrebungen und die Menschenrechte der belarussischen Bevölkerung", teilte das Weiße Haus mit.

Seit der Festnahme von Protassewitsch habe "das Regime seine Unterdrückung nur ausgeweitet, auch indem es die Sicherheit einer belarussischen Athletin bedroht hat", sagte der Sprecher der US-Regierung mit Blick auf die belarussische Olympia-Teilnehmerin Kristina Timanowskaja.

Die Sprinterin hatte bei den Spielen in Tokio erklärt, sie fürchte, entführt zu werden, nachdem sie Sportfunktionäre ihres Landes kritisiert hatte. Sie erhielt inzwischen ein humanitäres Visum in Polen. Lukaschenko wetterte am Montag auch gegen Timanowskaja: "Sie hätte das niemals allein gemacht", sagte er. "Sie wurde von ihren polnischen Kumpels angeleitet."

Die 24-Jährige wies die Vorwürfe in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP in Warschau zurück. Ihr Handeln sei nicht im Voraus geplant gewesen. "Ich habe in letzter Minute selbst um Hilfe gebeten." Belarus sei "kein sicheres Land mehr für seine eigenen Bürger", sagte Timanowskaja. "Die Menschen haben Angst, zu Protesten zu gehen, weil sie Angst haben, verprügelt zu werden oder im Gefängnis zu landen." Eines Tages wolle sie zu ihrer Familie in ihr Land zurückkehren, aber "nur, wenn es sicher und frei ist".

Die Regierung in Minsk hat nie den Dialog mit ihren Kritikern gesucht. Lukaschenko warf Regierungskritikern stattdessen wiederholt vor, Handlanger des Westens zu sein. "Wir werden niemals in die Knie gehen", erklärte er am Montag. Dem Westen riet er, "sich zu beruhigen". "Sie riskieren, den Dritten Weltkrieg auszulösen", warnte Lukaschenko. "Ist es das, wozu Sie uns und die Russen drängen wollen?"

by Pavel ORLOVSKY