Die britische Regierung hat die Kosten für ihr umstrittenes Vorhaben, Asylsuchende nach Ruanda abzuschieben, mit 169.000 Pfund (rund 200.000 Euro) pro Person beziffert. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Innenministeriums in London würde mehr als die Hälfte dieser Summe an das ostafrikanische Land gezahlt werden. Hinzu kämen demnach Verwaltungs- und Flugkosten.
Im Falle einer Abschiebung könnte das Ministerium eigenen Angaben zufolge über einen Zeitraum von vier Jahren aber auch 106.000 Pfund bei jedem Asylbewerber einsparen. Sollten sich die Unterbringungskosten weiter erhöhen, könnte dieser Betrag laut den Schätzungen sogar auf 165.000 Pfund steigen.
Zugleich gab das Ministerium in seiner Bewertung zu bedenken, dass diese Zahlen "höchst unsicher" seien. Demnach müssten zwei von fünf Migranten von der Überfahrt abgehalten werden, damit sich das Projekt lohnt.
Der Kampf gegen die illegale Einwanderung ist einer der Schwerpunkte der konservativen Regierung in London. Seit Jahren versucht sie, die legale und illegale Einwanderung ins Land zu kontrollieren und vor allem die gefährliche Einreise über den Ärmelkanal zu unterbinden.
Unter dem früheren Premierminister Boris Johnson hatte Großbritannien ein umstrittenes Abkommen mit Ruanda geschlossen, um Asylsuchende dorthin auszufliegen. Dies sollte Menschen davon abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal zu unternehmen.
Die Umsetzung des Vorhabens war bisher jedoch gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug mit Migranten in das ostafrikanische Land nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kurzfristig gestrichen. Derzeit ist das Vorhaben weiterhin von der britischen Justiz blockiert.
"Sollte das Gesetzesvorhaben in dieser Form angenommen werden, würde es zehntausenden Menschen den Zugang zu Schutz verwehren, der ihnen durch internationales Recht zusteht", sagte der Leiter der Organisation Refugee Council, Enver Solomon, zu den Schätzungen des Innenministeriums. Das Vorhaben koste Milliarden und führe nur zu einer Krise des aktuellen Asylsystems.
Die britische Regierung steht durch eine Rekordzahl über den Ärmelkanal einreisender Migranten unter Druck. Allein im vergangenen Jahr waren fast 45.000 Migranten illegal über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien gelangt - in diesem Jahr wählten bereits 11.700 Menschen diesen Weg.
lt/kas