Die Einkommen für mehr als 800.000 Angestellte der Länder außer Hessen werden neu ausgehandelt. Die Gewerkschaften forderten zum Auftakt der Tarifrunde am Freitag in Berlin fünf Prozent mehr Geld für den öffentlichen Dienst, monatlich jedoch mindestens 150 Euro mehr. Die Länderarbeitgeber wiesen die Lohnforderung als überhöht zurück.
Die zweite Tarifrunde wurde für den 1. und 2. November, die dritte und vorerst letzte Verhandlungsrunde für den 26. und 27. November in Potsdam vereinbart. Da es keine Schlichtungsvereinbarung gibt, blieben den Gewerkschaften - der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und dem Beamtenbund - nur Arbeitskämpfe, um einen Tarifabschluss zu erzwingen.
Verdi-Bundeschef Frank Werneke sagte am Rande der Tarifrunde, notwendig sei angesichts stark steigender Preise eine respektable Gehaltsentwicklung. Arbeitnehmer erwarteten von Arbeitgebern mehr nur als warme Worte für ihre Einsatz in der Pandemiekrise. Nach einer Preissteigerung von 4,1 Prozent im September sei im Jahresmittel mit einer Teuerung von drei Prozent zu rechnen. Daher bestehe Handlungsbedarf bei der Entgeltentwicklung.
Reinhold Hilbers (CDU), Vorsitzender der Arbeitgebervereinigung Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und niedersächsischer Finanzminister, wies die Forderung nach einem Plus von fünf Prozent als illusorisch zurück. Er verwies auf die angespannte Haushaltslage durch die Belastungen der Pandemie.
Natürlich solle auch der öffentliche Dienst an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen, es gebe aber nur geringen Verteilungsspielraum. Zwar weise die Steuerschätzung in den kommenden Jahren weiter wachsende Einnahmen der Länder aus. Damit müssten die Länder jedoch ihre krisenbedingte Verschuldung wieder abbauen. Das gelinge nur, wenn die Kostenbelastung künftig geringer steige als die Einnahmen.
Der Vorsitzende des Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, widersprach. Der Verteilungsspielraum sei da. Wenn der Staat bereit sei, neun Milliarden Euro in ein privates Wirtschaftsunternehmen wie die Lufthansa zu stecken, die dennoch zahlreiche Jobs abbaue, dann müsse "die Politik überlegen, ob der Gleichklang noch da ist". Wenn der öffentliche Dienst mehr Geld fordere, sei das nicht der Untergang des Abendlands - "das passt nicht zusammen".
Der Tarifvertrag vom 2. März 2019 war nach 33 Monaten zum 30. September ausgelaufen. Nach Angaben der Arbeitgeber kostet jeder Prozentpunkt mehr Gehalt die Länderhaushalte allein für Angestellte 461 Millionen, weitere 982 Millionen für Beamte, insgesamt also 1,4 Milliarden Euro. Ein Tarifabschluss würde sich nach TdL-Angaben neben den 845.000 Angestellten mittelbar auch auf 876.000 Pensionäre sowie rund 1,2 Millionen Beamte der 15 Bundesländer auswirken.
Nach Zählung von Verdi und Beamtenbund betrifft die Einkommensrunde 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte auf 940.000 Vollzeitstellen, 48.000 Auszubildende, 1,2 Millionen Beamte sowie 880.000 Pensionäre bei den Bundesländern ohne Hessen. Hessen ist nicht Mitglied der TdL und verhandelt seine Einkommensrunde parallel separat.
by Ina FASSBENDER