Angesichts der steigenden Corona-Zahlen steht auch der für Freitag geplante verkürzte Bundesparteitag der Linken auf der Kippe. Parteichef Bernd Riexinger sagte am Montag in Berlin, die endgültige Entscheidung falle im Parteivorstand, der am Dienstag ab 17 Uhr tagt. Es gehe um die Frage, ob selbst ein verkürztes Treffen "überhaupt verantwortlich ist". Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte, er könne sich "nicht vorstellen, dass der Parteitag zusammenkommt".
Riexinger verwies auf die auch am Tagungsort Erfurt stark steigenden Infiziertenzahlen. Dies habe der Vorstand am Samstag, als zunächst ein verkürzter Parteitag beschlossen wurde, noch nicht einschätzen können. "Wir wollten mindestens einen Parteitag machen, der die Neuwahl der Vorsitzenden und des Vorstands ermöglicht", sagte Riexinger. Das sei aber "nicht unter acht Stunden" möglich. Es gehe um eine "Risikoabwägung".
Die Linke werde am Dienstag "verantwortungsbewusst" im Parteivorstand entscheiden, sagte der Parteivorsitzende. Er verwies darauf, dass zu dem Parteitag Delegierte aus ganz Deutschland in die thüringische Landeshauptstadt einreisen müssten, "auch aus Hotspots". Einige hätten schon signalisiert, dass sie nicht anreisen könnten, weil sie zu Risikogruppen gehörten. Wenn aber nur ein Teil anreisen könne, gebe es ein Problem mit der demokratischen Legitimierung der Abstimmungen.
Auf dem Parteitag sollen die Nachfolger von Riexinger und der Ko-Parteivorsitzenden Katja Kipping gewählt werden. Beide treten nicht erneut an. Als neue Doppelspitze bewerben sich die Linken-Politikerinnen Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow.
Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Bartsch, hält eine Absage des Parteitags für wahrscheinlich. "Angesichts der Lage kann ich mir nicht vorstellen, dass der Parteitag normal zusammenkommt - auch nicht für einen Tag", sagte er in der Sendung "Frühstart" von RTL und n-tv. In dieser Situation werde es "ausgesprochen schwierig, wirklich einen Parteitag, der dann doch bis zu 600 Leute in einer Halle zusammenfasst", zu organisieren.
Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler hatte bereits am Wochenende eine komplette Absage nicht ausgeschlossen. Falls der Parteitag stattfindet, soll er nach dem jetzigen Zeitplan um 14.00 Uhr beginnen und am selben Tag abends gegen 23.00 Uhr enden. In dieser Zeit soll neben den neuen Parteivorsitzenden auch der übrige Vorstand neu gewählt werden.
Am Vormittag hatte der CDU-Bundesvorstand beschlossen, den für den 4. Dezember in Stuttgart geplanten Bundesparteitag zu verschieben. Die Grünen hatten bereits vor einiger Zeit beschlossen, ihren Bundesparteitag im November online abzuhalten. Für Ende November plant die AfD einen Sozialparteitag im nordrhein-westfälischen Kalkar, nach bisherigem Stand als Präsenzparteitag.
by John MACDOUGALL