Die geplante Wiedereinführung einer Sperrklausel für Europawahlen stößt bei der Linkspartei sowie der Satirepartei "Die Partei" auf Kritik. "Sperrklauseln sind grundsätzlich undemokratisch", sagte Linken-Parteichef Martin Schirdewan dazu dem Portal "t-online". Über die deutsche Zustimmung zu diesbezüglichen neuen EU-Vorgaben wird am Donnerstagmittag erstmals im Bundestag beraten.
Laut der EU-Vorgabe muss Deutschland für Wahlen zum Europäischen Parlament eine Sperrklausel von mindestens zwei Prozent einführen. Da dies laut der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geltenden Vorgaben des Grundgesetzes widerspricht, ist für die deutsche Zustimmung die verfassungsändernde Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und des Bundesrats erforderlich.
Schirdewan wies darauf hin, dass er nicht erkennen könne, dass die für Deutschland derzeit im Europaparlament vertretenen Kleinparteien dessen Arbeitsfähigkeit einschränken würden. Vielmehr seien für die großen Parteien Sperrklauseln "bequeme Mittel, sich die politische Vielfalt vom Leib zu halten".
Für die Sperrklausel fehle eine "stichhaltige demokratietheoretische Begründung", sagte der Vorsitzende von "Die Partei", der Satiriker Martin Sonneborn, ebenfalls "t-online". "Die großen Parteien wollen sich bei sinkenden Wahlergebnissen die Sitze der kleineren aneignen", warf er diesen vielmehr vor.
In Deutschland galt für Europawahlen bis 2009 wie bei Bundestagswahlen die Fünf-Prozent-Hürde. Aufgrund von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wurde die Sperrklausel dann zunächst auf drei Prozent abgesenkt und schließlich 2014 komplett gekippt. Seither reichen rechnerisch etwa 0,5 Prozent der Stimmen für einen Sitz im Parlament.
Bei der Europawahl 2014 erhielten daher Freie Wähler, Piratenpartei, Tierschutzpartei, NPD, Familienpartei, ÖDP und "Die Partei" jeweils einen Sitz. Die FDP, die ebenfalls unter fünf Prozent blieb, erhielt drei Sitze. Bei der Wahl 2019 erhielten Freie Wähler und "Die Partei" jeweils zwei Sitze, Piratenpartei, Tierschutzpartei, Familienpartei, ÖDP und Volt jeweils einen Sitz. Die nächste Europawahl findet im Mai 2024 statt.
Die neue EU-Vorgabe ist Teil einer umfassenden Wahlrechtsreform. Die Bundesregierung wies darauf hin, dass diese komplett scheitern würde, sollte Deutschland nicht zustimmen.
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