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Lindner fordert "Krisenproduktion" von Corona-Impfstoff

FDP-Chef: "Das ist eine Frage von Leben und Tod"

Nach dem Start der Corona-Impfungen in Deutschland mehren sich die Forderungen nach einer deutlichen Beschleunigung der Vakzin-Produktion. FDP-Chef Christian Lindner sagte am Sonntagabend im Internetprogramm der "Bild"-Zeitung, in der derzeitigen krisenhaften Lage werde auch eine "Krisenproduktion" des Impfstoffs gebraucht. Es müssten alle rechtlichen, wirtschaftlichen, politischen und technologischen Voraussetzungen geschaffen werden, damit schneller geimpft werden könne.

"Das ist eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer Freiheit, und es ist eine Überlebensfrage auch für unsere Wirtschaft. Denn die ist schon auf der Intensivstation", sagte Lindner.

Konkret regte der FDP-Vorsitzende an, den Impfstoff der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer eventuell von anderen Herstellern in Lizenz produzieren zu lassen. Die Bundesregierung solle zusammen mit der Pharma-Industrie prüfen, wo es noch Kapazitäten gebe, die für die Produktion des Impfstoffs genutzt werden könnten.

Der Gesundheitsexperte der Linken, Achim Kessler, hatte in einem zuvor veröffentlichen Interview des Magazins "Wir" hervorgehoben, dass das Bundesgesundheitsministerium laut dem Bevölkerungsschutzgesetz Unternehmen dazu zwingen könne, anderen Firmen eine Lizenz zum Nachproduzieren von Impfstoffen zu gewähren. "Das muss die Bundesregierung jetzt schnell tun", forderte Kessler.

Das größte Problem derzeit sei, dass zu wenig Impfstoffe produziert würden, sagte der Linken-Experte. "Wenn die Bundesregierung jetzt nicht alle gesetzlichen Möglichkeiten ausschöpft, gefährdet sie zahllose Menschenleben", betonte Kessler.

Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), äußerte sich besorgt, dass es bei der Versorgung mit Impfstoff zu Unterbrechungen kommen könne. "Ich habe die Sorge, dass wir nicht immer genügend Impfstoff rechtzeitig da haben", sagte sie im Internetprogramm von "Bild". Sie erwarte, dass der Bund für die Impfstoffversorgung ausreichend Vorsorge trage. Dies sei "von Anfang an" die Verabredung mit den Ländern gewesen.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuvor mehr Tempo in der Vakzin-Produktion gefordert. "Es gibt einfach zu wenig Impfstoff", sagte er der "Bild am Sonntag". Daher müsse das Tempo der Produktion massiv verstärkt werden. Bisher wird davon ausgegangen, dass frühestens im dritten Quartal 2021 genug Impfstoff für alle Impfwilligen in Deutschland zur Verfügung steht.

Die Impfungen gegen das Coronavirus waren am Wochenende bundesweit angelaufen. Im ganzen Land bekamen vorwiegend ältere und pflegebedürftige Menschen die ersten Impf-Spritzen. Auch europaweit startete die Impfkampagne mit dem Biontech-Pfizer-Präparat.

by Kay Nietfeld