Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat die Klimaaktivisten der Letzten Generation davor gewarnt, mit ihren Protesten Menschenleben zu gefährden. "Es ist absolut unverantwortlich, wenn durch Straßenblockaden Rettungskräfte und Krankentransporte behindert werden", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben). Die Rettungswege müssten frei bleiben, die Polizei müsse in solchen Fällen "mit aller Konsequenz durchgreifen".
Die Aktivistinnen und Aktivisten der Gruppe Letzte Generation wollen in den kommenden Tagen und Wochen mit möglichst vielen Blockaden den Verkehr in Berlin lahmlegen. Sie wollen damit gegen den Kurs der Bundesregierung in der Klimapolitik protestieren. Erste Aktionen gab es bereits am Mittwoch.
Für erhitzte Debatten hatte in den vergangenen Monaten der Fall einer 44-jährigen Radfahrerin gesorgt, die Ende Oktober in Berlin von einem Betonmischer überrollt worden war und einige Tage danach starb - dabei stand der Vorwurf im Raum, dass Aktivisten der Letzten Generation, die sich an einer Brücke festgeklebt hatten, den Verkehr und damit auch die Ankunft eines Rettungsfahrzeugs verhindert hätten.
Die Berliner Staatsanwaltschaft ließ vor einer Woche jedoch den Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen zwei Aktivisten fallen. Die Ermittler gelangten zu dem Schluss, dass die Blockade zwar zu einem verspäteten Eintreffen des Spezialfahrzeugs am Unfallort geführt habe. Die Notärztin vor Ort habe jedoch bereits korrekt entschieden gehabt, dass eine Anhebung des Betonmischers durch das Spezialfahrzeug riskant wäre und den Zustand der Radfahrerin eher noch verschlechtert hätte.
Die Protestformen der Letzten Generation werden gleichwohl weiterhin von vielen Seiten kritisiert. Lauterbach warnte die Gruppierung davor, mit ihren Aktionen die gesamte Klimaschutzbewegung zu diskreditieren: Er teile zwar die Ziele der Klimaaktivisten, sagte der Minister den Funke-Blättern. "Die Protestform der Klimaaktivisten der Letzten Generation schadet jedoch der Klimabewegung." Straßenblockaden seien nicht akzeptabel, sondern gesetzeswidrig und kontraproduktiv.
Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warf der Letzten Generation vor, mit ihren Protesten dem Klimaschutz zu schaden. "Letztlich schadet die Letzte Generation mit ihrem Vorgehen ihrem Anliegen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Gruppe habe "überzogene, aggressive Vorstellungen von der Durchsetzung ihrer Ziele". Buschmann warnte: "Mit Straftaten wirbt man nicht für Klimaschutz."
Der Deutsche Richterbund sieht allerdings keine Notwendigkeit für schärfere Gesetze gegen Klimaschutzaktivisten. "Schärfere Strafgesetze braucht die Justiz nicht, um auf Rechtsverstöße im Zuge von Klima-Protesten klar und deutlich reagieren zu können", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die bestehenden Gesetze gäben den Gerichten ausreichend Spielräume, um etwa Fälle von Nötigung, Sachbeschädigung oder Eingriffen in den Straßenverkehr "jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen".
Zugleich appellierte Rebehn an die Aktivistinnen und Aktivisten: "Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit enden dort, wo das Strafrecht beginnt." Auch ein guter Zweck wie der Klimaschutz "heiligt selbstverständlich nicht jedes Mittel".
dja