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Landgericht Braunschweig sieht sich nicht für Maddie-Verdächtigen zuständig

Das Landgericht Braunschweig hat sich in einem Verfahren gegen den deutschen Verdächtigen im Fall Maddie wegen weiterer Sexualverbrechen für nicht zuständig erklärt. Nach eigenen Angaben vom Donnerstag geht es davon aus, dass der für die Wahl des Gerichtsstandorts maßgebliche letzte Wohnsitz des Beschuldigten Christian B. vor einer früheren Flucht ins Ausland nicht in seinem Bezirk lag - sondern in Sachsen-Anhalt. Es sei für die Bearbeitung daher nicht zuständig.

Mit dem Fall Maddie hat das alles nichts zu tun. B. verbüßt aktuell eine mehrjährige Haftstrafe nach einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Vergewaltigung in Portugal im Jahr 2005. Parallel klagte ihn die Staatsanwaltschaft Braunschweig im vergangenen Jahr wegen mehrerer weiterer Sexualverbrechen an, die er zwischen 2000 und 2017 ebenfalls in Portugal begangen haben soll.

Die Anklage wurde am Braunschweiger Landgericht eingereicht, das sie daher routinemäßig einem sogenannten Zwischenverfahren prüfte und über die Frage der Prozesseröffnung entscheiden sollte. In diesem Verfahren kam es laut Mitteilung vom Donnerstag nun zu der Einschätzung, aus örtlichen Gründen nicht zuständig zu sein. Deshalb nahm es auch keine neuerliche Prüfung des dringenden Tatverdachts vor und hob den Untersuchungshaftbefehl wieder auf.

Für B. macht dies faktisch allerdings keinen Unterschied, weil er nach wie vor seine Haftstrafe nach dem rechtskräftigen Urteil absitzen muss. "Die Aufhebung hat keinen Einfluss auf die weitere Verbüßung der derzeitigen Strafhaft", erklärte das Landgericht in der niedersächsischen Stadt dazu.

Der unter anderem wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs einschlägig vorbestrafte B. hatte sich früher laut deutschen Ermittlern regelmäßig auch in Portugal aufgehalten, wo er in Ferienanlagen und Hotels einbrach. Dabei soll er mehrfach auch schwere Sexualverbrechen begangen haben. Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft betrachtet ihn auch als Verdächtigen im Fall des 2007 aus einer Ferienanlage verschwundenen britischen Mädchens Madeleine McCann. Sie ermittelt seit 2020 gegen ihn wegen Mordes, bisher jedoch ohne Anklage.

Der Fall ist mit Blick auf die juristischen Zuständigkeiten auch deshalb so kompliziert, weil der immer wieder straffällig gewordene und inhaftierte B. häufiger seinen Wohnort wechselte und sich zwischenzeitlich wiederholt im Ausland aufhielt. Er lebte zwar unter anderem in Braunschweig, besaß aber laut Gericht auch ein Grundstück in Sachsen-Anhalt und hielt sich dort auf.

Insgesamt ist es auch nicht das erste Mal, dass es zwischen Gerichten zu einem Streit um die Zuständigkeit für den Beschuldigten kommt. So gab es 2020 bereits einen Konflikt zwischen den Landgerichten in Braunschweig und Kiel, wer über eine mögliche vorzeitige Haftentlassung im Fall eines Drogendelikts zu entscheiden habe, wegen dem B. in Schleswig-Holstein verurteilt worden war. Am Ende musste der Bundesgerichtshof entscheiden.

Auch die Verteidigung von B. sieht die Braunschweiger Justiz nach eigenen Angaben als nicht zuständig für ihren Mandanten an. Darauf habe sie schon im Ermittlungsverfahren hingewiesen, erklärte sein Rechtsanwalt Friedrich Fülscher am Donnerstag in Kiel. Die Staatsanwaltschaft in Braunschweig aber habe sich aus "nicht nachvollziehbaren Gründen" an die eigene Zuständigkeit "geklammert". Aus der Entscheidung des Landgerichts folge zugleich auch, dass die Braunschweiger Justiz gar nicht für den Fall Maddie zuständig sei.

Der Gerichtsstandort definiert zugleich auch, welche Staatsanwaltschaft für Ermittlungen und Anklagen zuständig sind. In Deutschland gibt es für jeden Gerichtsbezirk eine zuständige Staatsanwaltschaft. Ausnahmen gibt es bei Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die auf bestimmte Delikte spezialisiert sind.

bro/cfm