20006:

Landesweite Proteste gegen Justizreform in Israel

Nach einer wichtigen Abstimmung über die umstrittene Justizreform in Israel sind am Dienstag Gegner des Vorhabens landesweit auf die Straße gegangen. Demonstranten versuchten, den Zugang zum Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv zu blockieren, wie die Polizei mitteilte. Die Beamten hätten eine "illegale Demonstration" am Flughafen aufgelöst. Auch in anderen Landesteilen blockierten Demonstranten Straßen.

Im gesamten Land wurden Polizeiangaben zufolge bis zum späten Vormittag 42 Menschen festgenommen. Die Polizei erklärte, die Demonstrationsfreiheit unter der Wahrung von Recht und Ordnung zu gewährleisten.

"Ich bin hierher gekommen, weil diese Regierung die Demokratie in Israel völlig zerstört", sagte der Arzt Eitan Galon, der auf einer Straße außerhalb Jerusalems protestierte. "Wir werden bis zum Ende kämpfen", fuhr er fort, während die Polizei in der Nähe Wasserwerfer einsetzte, um Teilnehmer der Proteste auseinanderzutreiben.

Die Organisatoren der seit Monaten andauernden Proteste hatten für Dienstag Massenkundgebungen angekündigt. Für den Abend war eine Demonstration vor der US-Botschaft in Tel Aviv geplant. Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels.

Das israelische Parlament, die Knesset, hatte in der Nacht zum Dienstag in erster Lesung ein Kernelement der umstrittenen Justizreform angenommen. Dem Gesetzentwurf zufolge soll dem Obersten Gericht künftig die Möglichkeit entzogen werden, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" einzustufen. Kritiker fürchten eine willkürliche Besetzung hochrangiger Posten und eine Begünstigung von Korruption.

Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu argumentiert mit einer unverhältnismäßigen Einmischung der Justiz in politische Entscheidungen. Um das Gesetz zu verabschieden, ist noch eine zweite und eine dritte Lesung erforderlich.

Die Justizreform der rechts-religiösen Regierungskoalition ist in der Bevölkerung umstritten. Seit Jahresbeginn demonstrieren landesweit immer wieder zehntausende Menschen gegen das Vorhaben.

mhe/oer