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Lage in Hochwassergebieten stellt Helfer und Einsatzkräfte auf harte Probe

THW berichtet von Angriffen - Verkehrschaos wegen anreisender Helfer

Für die Einsatzkräfte und Helfer in den Hochwassergebieten Deutschlands gestaltet sich die Lage zunehmend schwieriger: Das Technische Hilfswerk (THW) berichtete am Samstag von Angriffen auf seine Mitarbeiter und wegen massiver Verkehrsstörungen besonders im Ahrtal steckten Baumaschinen und Rettungsfahrzeuge fest. Krisenstab und Polizei in Koblenz forderten freiwillige Helferinnen und Helfer daher dringend dazu auf, vorerst nicht ins Überschwemmungsgebiet zu reisen.

THW-Vizepräsidentin Sabine Lackner berichtete in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart" von Fällen, in denen Mitarbeiter in Einsatzfahrzeugen "mit Müll beschmissen" worden seien. Es gehe zudem so weit, "dass unsere Helferinnen und Helfer beschimpft werden". An einigen Einsatzorten seien THW-Mitarbeiter von Menschen gefilmt worden, die sich nicht als Presse zu erkennen gegeben hätten.

Hinter den Angriffen steckten frustrierte Flutopfer, vor allem aber Menschen aus der Querdenker- und Prepper-Szene, die sich als Betroffene ausgäben und bewusst Stimmung machten, beklagte Lackner. Bei Preppern handelt es sich um Menschen, die sich mit allerlei Vorrat und Ausrüstung gegen etwaige Katastrophen wappnen, um notfalls autark leben zu können.

Zum Schutz hätten THW-Einsatzkräfte zum Teil ihr Namensschild entfernt, sagte Lackner RTL/ntv weiter. "Das ist sehr, sehr bedauerlich und belastet unsere Einsatzkräfte." Jedoch sei noch kein Einsatz wegen der Vorfälle abgebrochen worden. Psychisch sei die Situation für die vielen Ehrenamtlichen allerdings sehr belastend.

Nach Angaben des THW haben derzeit rund 30.000 Menschen in den Flutgebieten kein Trinkwasser, keinen Strom oder müssen sogar auf beides verzichten. Das THW bereitet sich demnach auf einen längeren Einsatz vor. "Wir gehen derzeit davon aus, dass wir noch einige Wochen vor Ort sein werden."

In den Überschwemmungsgebieten ist indes nach Einschätzung der Behörden die Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung "weiterhin überwältigend und ungebrochen". Allerdings seien dadurch sämtliche Zufahrtsstraßen zum Ahrtal sowie Straßen im Katastrophengebiet selbst "völlig überlastet", hieß es am Samstagvormittag.

Daher stünden auch Baumaschinen, die für den Straßen- und Brückenbau sowie für die Trinkwasserversorgung benötigt würden, im Stau. Fahrzeuge für den Abtransport von Müll und Bauschutt sowie Rettungsfahrzeuge kämen ebenfalls nicht durch. Krisenstab und Polizei forderten alle freiwilligen Helferinnen und Helfer auf, sich am Samstag "nicht mehr auf den Weg ins Katastrophengebiet zu machen" und auf andere Tage an möglicherweise anderen Orten zu auszuweichen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte zum Umdenken beim Wiederaufbau. "Man wird das nicht so eins zu eins wieder aufbauen in den ganz kritischen Lagen wie es vorher war", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Deutschlandfunk. Das sei "hart für den Eigentümer", gestand Landsberg ein, verwies aber unter anderem auf die Katastrophe im sächsischen Grimma 2002. Dort sei den Menschen damals ein anderes Grundstück angeboten worden.

Wenn das nicht gehe, müssten beim Wiederaufbau andere Anforderungen an den Hochwasserschutz gestellt werden, sagte Landsberg. Das betreffe etwa den Bau der unteren Geschosse und die Höhe von Brücken.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte unterdessen die Einrichtung eines "ständigen Krisenstabs". Zwar seien die föderalen Strukturen im Katastrophenschutz richtig und Naturkatastrophen "wirken oft lokal", sagte er der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag. "Aber auch die Bündelung aller Informationen ist sehr wichtig." Daher müsse das Bundesamt für Katastrophenschutz gestärkt werden. Nötig sei ein "ständiger Krisenstab Naturkatastrophen in Kombination von Bund und Ländern".

by Max MOELKNER, Handout