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Länder einigen sich auf Position zur Umsetzung der künftigen EU-Agrarpolitik

Gelder für Bauern sollen stärker an Umweltauflagen gekoppelt werden

Die Bundesländer haben sich auf eine gemeinsame Position zur Umsetzung der EU-Agrarpolitik geeinigt, die das Geld für die Bauern künftig stärker an Umweltauflagen koppelt. Bei Beratungen der Landwirtschaftsministerinnen und -minister der Länder gemeinsam mit Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) gelang am Freitag ein Kompromiss: Künftig sollen 25 Prozent der Direktzahlungen an ökologische Auflagen gebunden sein. Umweltverbänden ist das zu wenig, die Bauern fürchten indes um ihre Einnahmen.

Die Sondersitzung der Agrarministerkonferenz (AMK) war in der Nacht zum Freitag unterbrochen und am Morgen fortgesetzt worden, am Ende stand ein "Kompromiss", wie der Vorsitzende der AMK, Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne), sagte. Demnach sollen künftig 25 Prozent der Mittel aus der sogenannten ersten Säule nicht mehr rein nach Flächengröße verteilt, sondern für Ökoregelungen reserviert werden.

Außerdem ist vorgesehen, die Umschichtung der Mittel von der ersten Säule, in der Bauern Geld je Fläche erhalten, in die an Umwelt- und Klimaauflagen geknüpfte zweite Säule von derzeit sechs bis 2027 schrittweise auf 15 Prozent zu erhöhen. Klöckner (CDU), die als Gast an der Konferenz teilnahm, bezeichnete die 25 Prozent Öko-Regelungen als "realistisch". Dieser Kompromiss zeichne sich auch auf europäischer Ebene in den Trilog-Gesprächen ab.

Die Konferenz sowie Klöckner selbst formulierten nun an die EU die Erwartung, die Trilogverhandlungen zügig zu einem Ende zu führen. Deutschland steht bei der Umsetzung der Reformen wegen der Bundestagswahl im Herbst unter Zeitdruck. Klöckner hatte deshalb bereits konkrete Gesetzesentwürfe vorgestellt.

Unter deutscher Ratspräsidentschaft hatten sich die 27 EU-Staaten im vergangenen Oktober nach zähen Verhandlungen auf eine gemeinsame Position für Änderungen der Vergaberegeln für den milliardenschweren Agrarhaushalt ab 2023 geeinigt. Auch das EU-Parlament kam wenig später zu einer Einigung. Seitdem laufen die sogenannten Trilogverhandlungen, an denen neben Parlament und Rat auch die EU-Kommission beteiligt ist. Eine Einigung ist im April oder Mai wahrscheinlich.

Insgesamt stehen Deutschland jährlich sechs Milliarden Euro zu. Sachsens Landwirtschaftsminister Günther erklärte dazu, mit dem nun gefundenen Kompromiss würden künftig aus erster und zweiter Säule zusammengenommen 3,5 Milliarden Euro an "Nachhaltigkeit und Gemeinwohl gebunden".

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die zuvor eine höhere Öko-Quote gefordert hatte, bezeichnete den Kompromiss dennoch als "erfreulich" und "wichtig", denn er gehe über das "unzureichende Umweltniveau der Vorschläge des Bundeslandwirtschaftsministeriums" hinaus. Das Grünen-geführte hessische Landwirtschaftsministerium sprach von einer "ehrgeizigen Umsetzung" der europäischen Agrarpolitik und lobte vor allem die beschlossene Weidetierprämie für Schaf-, Ziegen- und Mutterkuhhalter.

Der Deutsche Bauernverband sprach allerdings von "schmerzhaften Einschnitten" im Zuge des Kompromisses. Es sei nicht sicher, dass die umgewidmeten Mittel auch wirklich bei den Landwirten ankämen. Als "große Kröte", die Brandenburger Bauern schlucken müssten, bezeichnete auch der Landesbauernverband die gestiegene Umschichtung der Gelder in die an zusätzliche Auflagen gebundene zweite Säule.

Die Gewerkschaft IG BAU kritisierte den fehlenden sozialen Aspekt in der Positionierung der Länder. Die bundesweit rund 660.000 Beschäftigten in der Landwirtschaft arbeiteten zu "teils extrem niedrigen Löhnen" und Erntehelfern bleibe häufig sogar die Krankenversicherung verwehrt. Diese sozialen Fragen kämen in der Einigung "völlig zu kurz".

Umweltverbände kritisierten den Anteil für die neuen Öko-Regelungen als zu niedrig - dieser müsse mindestens 30 Prozent betragen und jährlich um weitere fünf Punkte wachsen, forderte etwa der WWF. Auch Greenpeace und dem BUND ging der Kompromiss nicht weit genug, um Arten- und Klimaschutz zu stärken.

by Kay Nietfeld