Nach der Wahl von Kai Wegner (CDU) zum Berliner Regierenden Bürgermeister erst im dritten Wahlgang hat sich eine Debatte über die Rollen von AfD und SPD entzündet. Die AfD gab am Freitag die Namen von zehn Abgeordneten bekannt, die für Wegner gestimmt hätten. Politiker der Bundes-CDU und der Linken erhoben Vorwürfe gegen die Partei.
Die nun in Berlin mit Wegners CDU koalierende SPD erwartet eine interne Aufarbeitung. Der neue Berliner Senator für Stadtentwicklung, Christian Gaebler, sagte im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg: "Ich glaube, es wird da nochmal interne Diskussionen geben." Wegner sei gewählt, es habe "nicht mehr Stimmen als die der Koalition gegeben, und damit ist das ganze Kapitel eigentlich abzuschließen und nicht der AfD jetzt auch noch die große Bühne zu bieten", sagte Gaebler weiter.
Darin war er sich einig mit dem stellvertretenden Unionsfraktionschef im Bundestag, Jens Spahn (CDU). Dieser sagte in der Sendung "Frühstart" der Fernsehsender RTL und ntv, Wegner sei "überzeugend" ins Amt gewählt worden. "Es hat etwas geruckelt auf dem Weg dahin gestern, aber er ist überzeugend gewählt und überzeugend im Amt." Zur AfD sagte Spahn, die Partei behaupte "viel, wenn der Tag lang ist - gelegentlich lügt sie sogar".
CDU-Generalsekretär Mario Czaja warf der AfD im Fernsehsender Welt ein "durchschaubares Manöver" vor. Die Behauptung, Wegner sei nur mit Hilfe von AfD-Abgeordneten gewählt worden, diene dazu, "zu spalten und Missgunst zu säen", sagte Czaja und betonte: "Kai Wegner hat im dritten Wahlgang 86 Stimmen bekommen, das ist genau die Zahl an Stimmen, die aus CDU und SPD zusammen im Berliner Abgeordnetenhaus bestehen."
Der 50-jährige Wegner hatte am Donnerstag erst im dritten Wahlgang eine Mehrheit erhalten. Er führt in der Hauptstadt nun eine Koalition mit der SPD. Die Berliner AfD-Fraktion hatte zunächst verlautbaren lassen, sie habe im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt. Am Freitag konkretisierte sie diese Aussage und gab die Namen von zehn Abgeordneten bekannt, die Wegner gewählt hätten. Darunter war demnach Fraktionschefin Kristin Brinker.
Der Linken-Bundesvorsitzende Martin Schirdewan kommentierte, Wegners Amtszeit beginne "unter einem rechten Stern". Die SPD habe sich "für ein konservatives Bündnis entschieden und nun aus purem Machtkalkül auch noch in Kauf genommen, dass die AfD öffentlich ihre Suppe kochen kann", warf er den Sozialdemokraten vor und forderte, die SPD-Führung könne "das nicht so stehen lassen".
Sein Parteifreund, der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow, fragte die Berliner SPD beim Redaktionsnetzwerk Deutschland, "warum sie nicht einfach mit den Grünen und der Linken weiter regiert hat". Mit der neuen Regierung in Berlin habe die Union eine Bundesratsmehrheit gegen die Ampelkoalition. Ramelow sah bei der Wahl Wegners viele Parallelen zu Thüringen.
Dort war seine eigene Wiederwahl im Februar 2020 zunächst gescheitert, der FDP-Politiker Thomas Kemmerich wurde mit Stimmen aus CDU und AfD zum Ministerpräsidenten gewählt. Kemmerich trat wenig später nach vielen öffentlichen Diskussionen zurück. Die AfD nutze "den Parlamentarismus, um ihn verächtlich zu machen", warnte Ramelow nun.
Die Berliner AfD-Fraktionschefin Brinker wehrte sich gegen den Vorwurf, die Demokratie beschädigen zu wollen. Das Gegenteil sei der Fall. "Um nach zwei gescheiterten Wahlgängen die unsägliche Hängepartie in Berlin zu beenden und vor allem ein weiteres geschäftsführendes Regieren von Rot-Grün-Rot zu verhindern, hat sich nach längerer Debatte die Mehrheit unserer Abgeordneten bereit erklärt, beim dritten Wahlgang für Kai Wegner zu stimmen."
smb/cfm