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Kölner Erzbischof Woelki nimmt mehrmonatige Auszeit

Papst Franziskus belässt in Kritik stehenden Kardinal aber im Amt

Papst Franziskus hat den für viele Katholiken in Deutschland untragbar gewordenen Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki im Amt belassen. Der wegen der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der Kritik stehende Erzbischof des größten deutschen Bistums wird aber eine mehrmonatige geistige Auszeit von Mitte Oktober bis zum Anfang der Fastenzeit Anfang März bekommen, teilte der Vatikan am Freitag mit. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erwartet, dass der Beschluss Betroffene von Missbrauch “ratlos und verletzt” zurücklässt.

Woelki war von einem in diesem Jahr veröffentlichten juristischen Gutachten entlastet worden. Er steht aber seit über einem Jahr in der Kritik, weil er davor ein anderes Gutachten unter Verschluss gehalten hatte. In Köln gibt es eine regelrechte Austrittswelle aus der katholischen Kirche. Zur Prüfung der Lage schickte der Papst deshalb zwei Visitatoren nach Köln.

Auf Grundlage von deren Bericht und eines persönlichen Gesprächs mit Woelki in der vergangenen Woche erklärte der Vatikan nun, die Behauptungen, Woelki habe vertuschen wollen, seien widerlegt. Er zeige außerdem Entschlossenheit darin, die Verbrechen des Missbrauchs aufzuarbeiten. “Der Heilige Vater zählt auf Kardinal Woelki, er anerkennt seine Treue zum Heiligen Stuhl und seine Sorge um die Einheit der Kirche”, erklärte der Vatikan weiter.

Gleichzeitig wirft der Papst Woelki aber “große Fehler” auf der Ebene der Kommunikation vor. Dessen Herangehensweise in der Aufarbeitung insgesamt, aber vor allem auf der Ebene der Kommunikation habe “wesentlich” dazu beigetragen, “dass es im Erzbistum zu einer Vertrauenskrise gekommen ist, die viele Gläubige verstört”.

Woelki sagte, ihm sei bewusst, dass im Erzbistum Köln in den vergangenen Monaten Vertrauen verloren gegangen sei. Dies schmerze ihn sehr. Es tue ihm auch insbesondere mit Blick auf Missbrauchsopfer leid, die ihm deshalb von Retraumatisierungen berichteten. Er habe dem Papst im Gespräch von einem schon länger bestehenden Gedanken einer geistlichen Auszeit für sich erzählt. Ein Innehalten sei notwendig.

“Ich gehe diesen Weg mit der klaren Botschaft des Heiligen Vaters, dass wir seriös und umfassend aufgeklärt und nichts vertuscht haben”, erklärte Woelki. Der Papst habe ihm auch deutlich gemacht, “dass er sehr auf mich zählt”.

Der Papst lehnte außerdem den angebotenen Amtsverzicht der beiden Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp ab. Puff kehrt unmittelbar in seinen Dienst zurück, Schwaderlapp wird zunächst ein Jahr als Seelsorger in Kenia arbeiten. Puff erklärte, für ihn sei die Rückkehr kein “Weiter so”. “Die letzten Monate, in denen ich in einem Altenzentrum und in der Obdachlosenseelsorge arbeiten durfte, haben mich innerlich verändert.” Schwaderlapp erklärte, von der Zeit in Kenia erhoffe er sich “innere Reifung und Erneuerung”.

Nachdem der Papst zuvor schon den Amtsverzicht des Hamburger Erzbischofs Stephan Heße für Verfehlungen in seiner Kölner Zeit abgelehnt hatte, bleiben die Verfehlungen der Kölner Geistlichen im Umgang mit Missbrauchsfällen ohne personelle Konsequenzen. Auch den vom Münchner Kardinal Reinhard Marx angebotenen Amtsverzicht hatte der Papst abgelehnt.

Bätzing erklärte, er erwarte eine kontroverse Diskussion über das Festhalten an Woelki. Vieles in der Diskussion hänge davon ab, wie Woelki die Auszeit gestalten werde. Von ihm brauche es Gesprächsangebote, um Chancen und Perspektiven zu finden.

Bätzing war nach eigenen Angaben bis zum Abschluss der erst am Donnerstag beendeten Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz nicht über den Umgang des Papsts mit Woelki informiert worden. Er hoffe, dass im Bistum Köln nun ein Versöhnungsprozess anlaufen werde, erklärte Bätzing. “Ob dies innerhalb weniger Monate zu einer grundlegend veränderten Situation führen kann, vermag ich nicht zu beurteilen.”

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, erklärte, er könne “die vatikanische Entscheidung zum Verbleib von Kardinal Woelki im Amt nicht verstehen”. “Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug.”

by Filippo MONTEFORTE

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