Arbeitnehmer, die in diesem Jahr coronabedingt viel von zu Hause gearbeitet haben, können mit einer steuerlichen Entlastung rechnen: Die Finanzpolitiker von Union und SPD verständigten sich auf Grundzüge einer neuen Steuerpauschale von fünf Euro pro Tag. Höchstens sollen aber 600 Euro im Jahr geltend gemacht werden können. Normalerweise erkennt das Finanzamt die Kosten für den heimischen Arbeitsplatz nur an, wenn ein Zimmer nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird.
Die bestehenden Homeoffice-Regelungen im Steuergesetz "entsprechen nicht mehr der heutigen Arbeitswelt", begründete CSU-Finanzexperte Sebastian Brehm den Vorschlag. Die geplante Pauschale sei darauf die "flexible Antwort", sagte er AFP. Formell beschlossen ist die Homeoffice-Pauschale, über die zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet hatte, indes noch nicht - dazu müssen laut Brehm noch weitere Punkte des Jahressteuergesetzes 2020 geklärt werden. Ziel sei jedoch, das Gesetz noch im Dezember durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.
Auch das Bundesfinanzministerium sprach sich dafür aus, eine Homeoffice-Pauschale in das Jahressteuergesetz aufzunehmen. Dazu liefen derzeit noch Gespräche, teilte das Ministerium mit.
Noch nicht endgültig entschieden ist vor allem, ob die neue Homeoffice-Pauschale neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1000 Euro gewährt wird. Wenn dieser separat laufen würde, würden alle direkt profitieren - je nach individueller Belastung. Wenn die Homeoffice-Pauschale dagegen wie andere Werbungskosten der Arbeitnehmer behandelt wird, hieße das, dass nur diejenigen profitieren, die auf mehr als 1000 Euro Werbungskosten kommen.
Das Bundesfinanzministerium spricht sich laut "FAZ" für letzteres aus: "Würde die Homeoffice-Pauschale unabhängig, also zusätzlich zum Werbungskosten-Pauschbetrag gewährt, wäre dies eine übermäßige (und damit verfassungsmäßig zweifelhafte) Begünstigung", zitierte die "FAZ" aus einem aktualisierten Konzept des Ministeriums.
Mit der Homeoffice-Pauschale greift die Koalition eine Initiative der Länder Hessen und Bayern auf, wie der CDU-Finanzexperte Fritz Güntzler sagte. Derzeit seien noch "Detailfragen" zu klären. Güntzler geht jedoch davon aus, dass der Vorstoß noch im Dezember in das Jahressteuergesetz übernommen wird.
Die Linkspartei kritisierte, dass Arbeitgeber "vollständig aus der Pflicht genommen" würden, für die Homeoffice-Kosten aufzukommen. "Die Home-Office-Pauschale begünstigt höhere Einkommen über den Steuerabzug. Wer wenig verdient, hat daher auch weniger Anreize von zu Hause zu arbeiten, um unnötige Kontakte einzuschränken", erklärte der Linken-Politiker Fabio de Masi.
Er forderte zudem, dass die Pauschale nicht unter die Werbungskosten fallen dürfe, denn viele Beschäftigte nutzten nur die Werbungskostenpauschale von 1000 Euro. "Sie würden daher nicht zusätzlich entlastet. Bei Beschäftigten mit niedrigen Einkommen käme dann kaum etwas an."
Kritik kam auch von der FDP. Der Vorschlag aus der großen Koalition "kommt zu spät und greift zu kurz", erklärte Fraktionsvize Christian Dürr. Insbesondere den Arbeitnehmern, die während der Krise in Kurzarbeit sind, drohten finanzielle Einschnitte. "Kurzarbeiter müssen eine Steuererklärung abgeben und womöglich mit hohen Nachzahlungen rechnen, weil die große Koalition immer noch nicht den Progressionsvorbehalt abgeschafft hat." Dürr forderte stattdessen eine Homeoffice-Pauschale von 100 Euro pro Monat.
Der Bund der Steuerzahler erklärte, es sei gut, dass nun endlich über eine Homeoffice-Pauschale konkret gesprochen werde. Die geplante Tages-Pauschale von fünf Euro gehe in die richtige Richtung, sagte dessen Präsident Reiner Holznagel dem Sender rbb. Allerdings kritisierte Holznagel, dass nach dem Konzept höchstens 600 Euro im Jahr geltend gemacht werden dürfen. Das sei "abwegig". "Derjenige, der diese Kosten hat, muss sie auch völlig zur Geltung bringen können."
Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft begrüßte den Vorschlag. "Eine Pauschale hat auch eine vereinfachende Wirkung sowohl für den Steuerzahler wie für das Finanzamt, denn die Kosten müssen nicht im Einzelnen nachgewiesen werden", sagte der Verbandsvorsitzende Thomas Eigenthaler der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagausgabe). Er hält auch die Höhe des Beitrags für angemessen. Wer ein echtes Arbeitszimmer daheim habe, könne maximal 1250 Euro im Jahr geltend machen.
by Von Marc MUDRAK