Das Ziel, weltweit pro Jahr 100 Milliarden Dollar für internationale Klimafinanzierung zu mobilisieren, ist nach den Worten der deutschen Klimabeauftragten Jennifer Morgan erreicht. Vermutlich sei dies sogar bereits 2022 der Fall gewesen und das Ziel "wurde mit Sicherheit erreicht im Jahr 2023", sagte Morgan am Donnerstag auf einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz mit dem kanadischen Umweltminister Steven Guilbeault. Deutschland und Kanada hatten die Anstrengungen dafür in den vergangenen Jahren koordiniert.
Die 100 Milliarden Dollar pro Jahr (umgerechnet etwa 92,1 Milliarden Euro) hatten die Industriestaaten erstmals auf der UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen für die Zeit ab 2020 für Klimaschutz und die Bewältigung von Klimafolgen zugesagt. Das Ziel war jedoch zunächst verfehlt worden, was einen erheblichen Vertrauensverlust auf Seiten der Länder des globalen Südens auslöste.
"Wir werden das 100-Milliarden-Dollar-Ziel pro Jahr erreichen und laut den Daten, die uns vorliegen, wohl sogar überschreiten", sagte nun auch Guilbeault. "Es ist geschafft", hob er hervor. Der aktuelle Stand ist auch in einem Offenen Brief aufgeführt, den Morgan und Guilbeault am Abend veröffentlichten. Deutschland hat laut Bundesregierung 2022 insgesamt 6,39 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln zur internationalen Klimafinanzierung beigesteuert, zusammen mit privaten Zahlungen sogar 9,96 Milliarden Euro.
Morgan verwies auf Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wonach 2020 insgesamt 83,3 Milliarden Dollar gezahlt worden seien und 2021 dann 89,6 Milliarden Dollar. "Vorläufige Daten zeigen, dass es wahrscheinlich ist, dass das 100-Milliarden-Dollar-Ziel 2022 bereits erreicht wurde", sagte die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt weiter. Genaue Zahlen für 2022 und 2023 sollten so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Dies brauche jedoch Zeit, um die notwendigen Anforderungen an Transparenz und Glaubwürdigkeit zu erfüllen.
"Das Erreichen des 100-Milliarden-Dollar-Ziels ist ein großer Schritt vorwärts", sagte Morgan weiter. Klar sei aber auch, dass es dabei nicht bleiben dürfe, fügte sie mit Blick etwa auf den im Aufbau befindlichen Fonds zum Ausgleich von klimabedingten Verlusten und Schäden (Loss and Damage) für besonders gefährdete Entwicklungsländer hinzu. Guilbeault verwies auf eine deutliche Erhöhung der Mittel für Klimaanpassung bis 2025, die danach weiter ansteigen sollten.
Morgan und Guillbeault sprachen beide von einem wichtigen Signal im Vorfeld der UN-Klimakonferenz, die Ende November in Dubai beginnt. Der designierte Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber sprach in einer Erklärung von einem "Meilenstein", der mit dem 100-Milliarden-Dollar-Ziel erreicht worden sei. Die Mitteilung von Deutschland und Kanada sei "ermutigend, doch es ist noch Platz für mehr Ehrgeiz", fügte er allerdings hinzu. Al-Dschaber rief weiter die Staatengemeinschaft zu zusätzlichen finanziellen Beiträgen auf.
Morgan und Guilbeault betonten ihrerseits, dass auf der UN-Konferenz neben der Klimafinanzierung weitere dringliche Punkte auf der Agenda stehen. "Wir müssen die Ziele bei den Finanzen erreichen, aber wir müssen auch bei der Senkung der Emissionen vorankommen", sagte Morgan. Schon jetzt sei das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, "sehr schwer zu erreichen".
Als wichtige Aufgabe dafür nannte Morgan die Abkehr von fossilen Brennstoffen, für die sich die Bundesregierung aktiv einsetze. Guilbeault nannte als weitere Aufgaben die Arbeit an einem internationalen Emissionshandelssystem, die Senkung neben der CO2- auch der Methan-Emissionen sowie das Miteinander von Klima- und Naturschutz.
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