Auch in der zweiten Tarifrunde für die rund 2,3 Millionen Angestellten des Bundes und der Kommunen hat sich keine Annäherung abgezeichnet. Es gebe zunächst kein Arbeitgeberangebot, die Positionen der Tarifparteien lägen weit auseinander, sagte der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Ulrich Mädge, am Rande der Verhandlungen am Samstag in Potsdam. Die Gewerkschaften wollen vor der nächsten Verhandlungsrunde im Oktober den Druck erhöhen.
Wenn es kein verhandlungsfähiges Angebot gebe, werde der Druck auf die Arbeitgeber erhöht werden müssen, sagte dbb-Beamtenbundchef Ulrich Silberbach. Vor der dritten Tarifrunde im Oktober wollten die Gewerkschaften die Arbeitgeber etwa in Kitas und Pflegeeinrichtungen "wachrütteln".
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund fordern 4,8 Prozent höhere Löhne, monatlich jedoch mindestens 150 Euro mehr Geld. Zudem verlangen die Gewerkschaften eine Kürzung der längeren ostdeutschen Wochenarbeitszeit um eine Stunde und damit eine bundesweite Angleichung. Die erste Tarifrunde Anfang September war ergebnislos und ohne Arbeitgeberangebot geblieben.
Verdi-Chef Frank Werneke nannte ein Arbeitgeberangebot "überfällig". Er fügte hinzu: "Wir wollen ein gutes Angebot, und das werden wir einfordern." Die Beschäftigten ließen sich nicht mit dem Hinweis auf einen Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst abspeisen. Es müsse auch unter den gegenwärtigen Bedingungen eine faire Lohnentwicklung geben. Zudem könne es nicht sein, dass Angestellte in ostdeutschen Kommunen 30 Jahre nach der deutschen Einheit noch immer länger arbeiten müssten als Beschäftigte im Westen.
VKA-Verhandlungsführer Mädge verwies auf die schwierige Finanzlage der Kommunen in der Coronakrise. "Wir bieten sichere Arbeitsplätze, Kündigungsschutz, das muss sicherlich viel wert sein in diesen Zeiten", sagte Mädge. Die Kommunen seien an einer mittelfristigen Absicherung der Lohnentwicklung im Rahmen ihrer Finanzlage interessiert. Arbeitskämpfe von Gewerkschaften seien "ein Ritual, das ich überhaupt nicht verstehe und das auch der Bürger nicht versteht".
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dämpfte die Erwartungen an die zweite Verhandlungsrunde. Mehr als eine weitere Klärung der Positionen, "das Austasten, in welche Richtung es gehen könnte", sei in dieser Tarifrunde nicht zu erwarten, sagte er als Verhandlungsführer des Bundes. Die Finanzlage der öffentlichen Hand sei außergewöhnlich schwierig. Anders als in der freien Wirtschaft gebe es für Arbeitnehmer kaum Einkommensverluste. Deshalb sei nur eine moderate Lohnentwicklung möglich, um die Leistungen der Beschäftigten zu würdigen.
Die zweitägigen Tarifgespräche sollen am Sonntag enden. Die dritte Tarifrunde ist für den 22. und 23. Oktober geplant.
by Ina FASSBENDER