Ein reicher Finne muss wohl keine 95.250 Euro Strafe wegen eines vergessenen Ausweises bezahlen, die ihm drohte, weil er sich bei seiner Rückkehr von einer Fahrt mit seiner Sportjacht in internationalen Gewässern zwischen Finnland und Estland nicht ausweisen konnte. Wie am Mittwoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied, darf Finnland zwar verlangen, dass seine Bürger beim Verlassen des Landes und bei der Rückkehr ein Reisedokument mitführen. Verstöße mit einer Strafe von 20 Prozent des Nettomonatseinkommens zu belegen, sei aber unverhältnismäßig. (Az: C-35/20)
Finnen müssen bei Auslandsreisen auch innerhalb der EU immer einen Reisepass oder einen Personalausweis mitnehmen. Verstöße gelten als Straftat und werden mit Geldstrafen geahndet. Diese werden nach einkommensabhängigen Tagessätzen bemessen und können sich insgesamt auf 20 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens belaufen.
Bei einem finnischen Durchschnittseinkommen liegt der Tagessatz bei 16,70 Euro, hier waren es stolze 6350 Euro. Weil der Mann sich bei einer Kontrolle nach seiner Rückkehr in Helsinki nur mit seinem Führerschein ausweisen konnte, drohte eine Strafe von 95.250 Euro.
Hierzu betonte nun der EuGH, dass auch nach EU-Recht Bürger bei Reisen in ein anderes EU-Land einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich führen müssen. Dies solle insbesondere als Nachweis für das EU-rechtliche Aufenthaltsrecht in dem anderen Land dienen.
Gegen die finnische Ausweispflicht sei daher grundsätzlich nichts einzuwenden, befanden die Luxemburger Richter. Auch Strafen bei Verstößen seien zulässig.
Allerdings verwies der EuGH auf den auch im EU-Recht verankerten "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Strafe". Hier gehe es um eine "Straftat von minderer Schwere". Eine Strafe, die 20 Prozent des Nettomonatseinkommens betrage, sei daher unverhältnismäßig.
by INA FASSBENDER