Gefälschte und manipulierte Nutzerbewertungen beim Onlinekauf sind einer Untersuchung des Bundeskartellamts zufolge ein weit verbreitetes Phänomen. "Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist es sehr schwer, echte von unechten Bewertungen zu unterscheiden", erklärte am Dienstag Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Er forderte daher, dass Verkaufs-, Buchungs- und Bewertungsportale oder auch Suchmaschinen mehr Verantwortung übernehmen und alle Möglichkeiten ausschöpfen müssten, um Fake-Bewertungen durch technische Filter- und Analysemethoden aufzuspüren und zu löschen.
Das Kartellamt startete seine Untersuchung im Mai 2019 und befragte über 60 große Internet-Portale, die Nutzerbewertungen aus 16 Branchen anzeigen, sowie zahlreiche weitere Marktteilnehmer. Online verkaufen sich Produkte und Dienstleistungen mit vielen und positiven Bewertungen demnach deutlich besser als solche mit wenigen oder negativen Bewertungen. Fake-Bewertungen können zustande kommen, etwa wenn positive Bewertungen von spezialisierten Dienstleistern gekauft werden oder wenn Software, sogenannte Bots, eingesetzt wird, um Bewertungen künstlich zu erzeugen.
Mundt empfahl Verbraucherinnen und Verbrauchern: "Achten Sie auf mögliche Hinweise wie übertriebene Sprache und wiederkehrende Muster, lesen Sie möglichst viele verschiedene Bewertungen und befassen Sie sich aufmerksam mit den Hinweisen, die manche Portale über die Verfasser der einzelnen Bewertungen machen."
Die Behörde kritisierte, viele Portale könnten deutlich mehr gegen die Veröffentlichung gefälschter Bewertungen tun. Die meisten verwenden demnach lediglich Wortfilter oder verlassen sich auf nachträgliche Meldungen auffälliger Bewertungen. Nur einzelne Portale nutzten bereits "ausgefeilte Methoden des Machine Learning" oder prüften vorab die Authentizität der Bewerter.
Das Bundeskartellamt sieht zudem ein "grundsätzliches Problem" darin, dass es in vielen Bereichen zu wenige Bewertungen gibt. Je mehr echte Bewertungen es gebe, umso hilfreicher seien sie für die Entscheidung für oder gegen einen Kauf oder eine Buchung. "Mehr Bewertungen könnten dadurch generiert werden, dass Portale und Anbieter die Verbraucher zum Verfassen von Bewertungen motivieren", schlug die Behörde vor. Dies könne durch Anreize in Form von Gutscheinen, Gewinnspielen oder kleineren Geldbeträgen erfolgen.
Für neue Produkte könne auch der Einsatz von kostenfreien Produkttests sinnvoll sein. Solche Anreize und Produkttests seien verbraucherrechtskonform, wenn die betreffenden Bewertungen klar und deutlich gekennzeichnet seien. "Allerdings müssten die Portale dafür - anders als bislang üblich - diese Art von Bewertungen auf ihren Seiten zulassen und eine geeignete Kennzeichnung vorsehen", so das Kartellamt.
by Paul ELLIS