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Johnson verteidigt Brexit-Kurs trotz Versorgungsproblemen

Parteitag der Konservativen beginnt in Manchester

Trotz der Versorgungskrise hat Großbritanniens Premierminister Boris Johnson zum Auftakt des Parteitags der Konservativen den Brexit-Kurs seiner Regierung verteidigt. Die britischen Wähler hätten ihm den Auftrag gegeben, "ein kaputtes Wirtschaftsmodell im Vereinigten Königreich zu beenden, das auf niedrigen Löhnen, geringer Qualifikation und chronisch niedriger Produktivität beruhte", sagte Johnson der BBC am Sonntag in Manchester. "Davon entfernen wir uns jetzt".

In Großbritannien herrscht derzeit Treibstoffmangel an den Zapfsäulen, vor vielen Tankstellen bilden sich seit zwei Wochen lange Schlangen. Grund dafür sind geschätzt 100.000 fehlende Lkw-Fahrer. Ab Montag sollen deshalb 200 Militärangehörige bei der Treibstoffverteilung helfen.

Zudem gibt es wegen der Nachschubprobleme in vielen Supermärkten bereits leere Regale, die Einzelhändler fürchten um ihr Weihnachtsgeschäft. Und die Fleischindustrie warnt, dass in den kommenden Wochen zehntausende Schweine verbrannt werden müssten, wenn nicht ausländische Schlachthofmitarbeiter und Metzger ins Land kommen.

Johnsons Regierung hat daher die Bewilligung von bis zu 10.500 befristeten Arbeitsvisa angekündigt und schloss am Sonntag auch weitere befristete Genehmigungen nicht aus. Einer generellen Lockerung der nach dem Brexit verschärften Einwanderungspolitik erteilte Johnson aber eine Absage. Er wolle nicht zum "Hebel der unkontrollierten Einwanderung" greifen und Niedriglöhner ins Land lassen, sagte der 57-Jährige der BBC. "Also ja, es wird eine Zeit der Anpassung geben".

Die führenden Mitglieder von Johnsons konservativer Partei trafen sich am Sonntag zu ihrer ersten Jahresversammlung seit Pandemiebeginn. Die letztjährige Konferenz fand online statt. Johnson soll erst zum Ende der viertägigen Konferenz am Mittwoch eine Rede halten.

Bereits am Samstag hatten sich Demonstranten in der Nähe des Konferenzortes in Manchester versammelt. "Korrupte Tory-Regierung. Lügner, Betrüger, Scharlatane. Raus mit ihnen", hieß es auf einem Transparent. Auch am Sonntag protestierten Demonstranten vor Ort. Auf einem Schild forderten sie etwa: "Kürzt den Krieg, nicht die Wohlfahrtsausgaben".

Schon am Vorabend des Parteitags hatte sich Johnson betont gelassen und selbstsicher gegeben. "Diese konservative Regierung hat eine Erfolgsbilanz, wenn es darum geht, die Prioritäten der Menschen zu erfüllen", sagte er am Samstag gut gelaunt. Er betonte, mit dem Brexit-Vollzug die Wahlversprechen gehalten zu haben und versprach seinen Aufbauplan von der Infrastruktur bis zum Klimawandel für die Zeit nach der Pandemie voranzutreiben.

Johnson, der 2019 mit einem Erdrutschsieg ins Amt gekommen war, kann sich zwar einer erfolgreichen Impfkampagne rühmen, doch seiner Regierung steht noch eine Reihe von Problemen ins Haus - von den Steuern bis zur Einwanderung. Zudem zog er den Zorn einiger Tory-Kollegen auf sich, weil er sein Wahlversprechen brach, die Steuern nicht zu erhöhen. Stattdessen kündigte er umfangreiche neue Ausgaben für das Gesundheits- und Sozialwesen an.

by Ben STANSALL