„Das ZDF distanziert sich von der Äußerung Böhmermanns. Der Tweet ist eine private Äußerung von Jan Böhmermann, die in keinem Zusammenhang mit einer Produktion des ZDF steht“, teilte der Sender am Samstag mit.
Hintergrund von Böhmermanns Skandal-Tweet: aktuelle Aussagen von Merz über den Umgang mit der AfD. „Keine Sorge, die Nazis mit Substanz wollen nach aktuellem Stand voraussichtlich nur auf kommunaler Ebene mit Nazis zusammenarbeiten“, so der Tweet des Moderators.
Böhmermann bezog sich auf Aussagen von Merz, der in einem Interview die Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene nicht ausgeschlossen hatte. Bei einer Klausur der CSU-Landesgruppe bezeichnete Merz die Union kürzlich als „Alternative für Deutschland mit Substanz“.
Das ZDF äußerte sich erst, nachdem mehrere Politiker Böhmermanns Tweet kritisiert und eine Entschuldigung verlangt hatten. Der rheinland-pfälzische CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder (48) schrieb an den ZDF-Intendanten Norbert Himmler (52), Böhmermann habe eine der großen Volksparteien in Deutschland auf das Übelste diffamiert. „Es bedarf daher dringend und umgehend einer offiziellen Stellungnahme von Ihnen, die deutlich macht, dass solche Äußerungen nicht mit dem Codex des ZDF vereinbar sind.“
Diese Zahlen sind ein Dämpfer für die Bosse von ARD und ZDF.
Schon öfter war das ZDF gezwungen, auf Kritik an Böhmermann-Tweets zu reagieren. „Fick dich, Opa“, schrieb er im Jahr 2020 in Richtung des Innenministers Horst Seehofer (74, CSU). Anlass des Ausrasters: ein Seehofer-Statement zum Polizei-Skandal in NRW. „Ich bin überzeugt, dass die überwältigende Mehrheit unserer Polizistinnen und Polizisten solche Machenschaften ablehnen und zweifelsfrei zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen.“
Seehofer hatte sich hinter die Polizei gestellt – und Böhmermann wurde unflätig. Ein paar Stunden später löschte er die Beleidigungen wieder. „Ich hab vor Wut drei schlimme Wörter über Horst Seehofer getwittert. Ich bin so traurig und verzweifelt“, schrieb er.
Laut Erwin Rüddel wählen die Meisten rechts, wenn sie sich entscheiden müssen.
Das ZDF nahm seinen Mitarbeiter damals in Schutz: „Der Tweet ist erkennbar spontan aus persönlicher Betroffenheit entstanden“, sagte ein Sprecher zu BILD, die Wortwahl sei aber indiskutabel.
Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Helge Lindh (46) sagte BILD: „Böhmermanns Tweet ist offensichtlich auf Provokation und skandalisierende Reaktionen hin angelegt. Insofern fällt das in den Bereich der satirischen Zuspitzung, nicht der politikwissenschaftlichen Analyse.“
Lindh räumte jedoch ein: „Die CDU hat kein Nazi-Problem.“
Böhmermann vorzuschreiben, was auf Twitter erlaubt ist, dürfe die CDU dennoch nicht. „So schwer uns das oft fallen mag: Die Politik sollte Sendern tunlichst nicht Vorgaben zur Gesinnung ihres Programms und zur redaktionellen Arbeit machen.“
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Auch der SWR-Moderator Stefan Anpalagan (38) hatte am Wochenende durch einen Nazi-Vergleich heftige Kritik ausgelöst.
Er nannte die Polizei eine „Nachfolge-Organisation der Gestapo“. Die Gestapo war die politische Polizei des nationalsozialistischen Regimes, trug maßgeblich zur Verfolgung und Ermordung von Millionen Juden bei.
Innenministerin Nancy Faeser (53, SPD) reagierte auf die Entgleisung, stellte sich hinter die Polizei. Sie schrieb auf Twitter: „Jeden Tag halten zehntausende Polizistinnen und Polizisten in Bund und Ländern ihren Kopf hin für unsere Sicherheit und unsere Demokratie. Sie verdienen unseren Respekt und keine Beschimpfungen.“