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Japans Parlament wählt Yoshihide Suga zum neuen Ministerpräsidenten

71-Jähriger behält viele Minister seines Amtsvorgängers Abe im neuen Kabinett

Japan hat einen neuen Regierungschef: Das Parlament in Tokio wählte am Mittwoch den 71-jährigen Yoshihide Suga zum Nachfolger des zurückgetretenen Shinzo Abe. Trotz zuletzt schlechter Umfragewerte für die Regierung will der neue Ministerpräsident am politischen Kurs seines Amtsvorgängers festhalten, der Ende August wegen einer Darmerkrankung seinen Rücktritt erklärt hatte.

Mit einer klaren Parlamentsmehrheit seiner regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) im Rücken gewann Suga die Abstimmung in Tokio problemlos. 314 von 462 abgegebenen Stimmen entfielen nach Angaben des Unterhauses auf den neuen LDP-Vorsitzenden und bisherigen Kabinettschef.

Nach der Verkündung des Ergebnisses verbeugte Suga sich tief, ohne sich zunächst zu äußern. Sein neues Kabinett wurde dann wenig später bekanntgemacht: Demnach hält der 71-Jährige an mehreren Ministern seines Amtsvorgängers fest.

Toshimitsu Motegi bleibt Außenminister, Taro Aso weiterhin Finanzminister. Der bisherige Verteidigungsminister Taro Kono wird künftig als Minister für Verwaltungsreformen im Suga-Kabinett tätig sein. Neuer Verteidigungsminister ist der Bruder des langjährigen Regierungschefs Abe, Nobuo Kishi, der aber den Nachnamen des Großvaters trägt, der Ende der 1950er Jahre Regierungschef in Japan war.

Erwartet wird, dass Suga an der Wirtschaftspolitik von Abe festhält - obwohl dem Ex-Regierungschef Versäumnisse bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise vorgeworfen werden und er in den Umfragen abstürzte. Das nach Abe benannte Abenomics-Programm sieht umfangreiche Regierungsausgaben, massive monetäre Lockerungen und den Abbau von Bürokratie vor.

"Um die Krise zu überwinden und dem japanischen Volk ein Gefühl der Erleichterung zu geben, müssen wir den Weg, den Premierminister Abe eingeschlagen hat, erfolgreich fortsetzen", hatte Suga nach seiner Wahl zum neuen LDP-Parteichef am Montag gesagt.

Suga gilt eher als pragmatischer denn als ideologischer Politiker. Zuletzt sprach er mehr über die Notwendigkeit von Verwaltungsreformen als über große Leitlinien für Japan.

Im Gegensatz zu vielen anderen LDP-Abgeordneten kommt Suga nicht aus der Oberschicht, sondern wuchs als Sohn eines Erdbeerbauern im ländlichen Akita im Norden Japans auf. Nach der Schule zog er nach Tokio, wo er Gelegenheitsjobs annahm, um eine Abendschule besuchen zu können. Als Suga die Nominierung zum Parteichef annahm, merkte er an, dass er "bei Null angefangen" habe.

Die Aktienmärkte in Tokio reagierten kaum auf die Wahl Sugas zum neuen Regierungschef. Unklar ist, ob Suga nun vorgezogene Neuwahlen ausrufen wird. Er könnte zum einen bei Parlamentswahlen seine Position festigen und zum anderen den Eindruck vermeiden, dass er nur als politischer Verwalter eingesetzt wird. Abes Mandat wäre ohnehin 2021 abgelaufen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gratulierte Suga zu seiner Wahl. Dieser habe seit Jahren die Politik Japans sowie "die engen und freundschaftlichen Beziehungen" zwischen Deutschland und Japan mitgestaltet, schrieb Merkel an Suga. Sie freue sich auf eine Zusammenarbeit, um gemeinsame "Interessen wie den Multilateralismus, eine regelbasierte Ordnung, friedliche Konfliktlösung und den Freihandel voranzubringen".

by CHARLY TRIBALLEAU