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Italiens neue Einheitsregierung unter Draghi vereidigt

Neuer Ministerpräsident vor schweren Herausforderungen

Die Hoffnungen sind ebenso groß wie die Herausforderungen: Mit breiter parlamentarischer Unterstützung soll Italiens neue Einheitsregierung unter dem früheren Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, das Land aus politischer Instabilität, schwerer Wirtschaftsrezession und der Corona-Krise führen. Am Samstag legten Draghi und sein Kabinett im Präsidentenpalast in Rom den Amtseid ab.

"Ich schwöre, loyal zur Republik zu sein", sagte Draghi vor Staatschef Sergio Mattarella. Die Vereidigungszeremonie wurde live im Fernsehen übertragen. Der 73-Jährige hatte das Amt am Freitag bei einem Treffen mit Mattarella offiziell angenommen und anschließend sein Kabinett aus Experten und Politikern aller großen Parteien im Parlament vorgestellt.

Erst am Donnerstag hatte als letzte große Partei auch die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) in einer Online-Abstimmung mehrheitlich für den Eintritt in das neue Koalitionsbündnis votiert und somit den Weg frei gemacht für eine Regierung der nationalen Einheit. Sie setzt sich aus Experten, Politikveteranen und einer Reihe von Ministern aus der Vorgängerregierung zusammen.

Das wichtige Amt des Wirtschaftsministers geht an den Generaldirektor der italienischen Zentralbank, Daniele Franco. Der 67-Jährige gilt als einer der größten Experten für das Finanzwesen Italiens. Ein weiterer Experte, der Physiker Roberto Cingolani, steht an der Spitze eines neuen "Super-Ministeriums für den ökologischen Wandel".

Bei einer Reihe weiterer Posten setzte Draghi auf Kontinuität: Der Fünf-Sterne-Politiker Luigi Di Maio soll weiterhin das Amt des Außenministers bekleiden und Roberto Speranza von der kleinen Linkspartei LEU bleibt inmitten der Corona-Pandemie Italiens Gesundheitsminister. Dem Kabinett gehören zudem Vertreter der rechtspopulistischen Lega von Matteo Salvini sowie der Forza Italia von Silvio Berlusconi an. Unter den Ministern finden sich aber keine Parteivorsitzenden.

In der kommenden Woche muss Draghi sich Vertrauensabstimmungen in der Abgeordnetenkammer und im Senat stellen, eine breite Zustimmung gilt als sicher. Laut einer Ipsos-Umfrage für den "Corriere della Sera" unterstützen auch 62 Prozent der Italiener den 73-Jährigen.

Auf den neuen Regierungschef warten große Herausforderungen: Er muss Lösungen für die Gesundheits- und Wirtschaftskrise im Land finden. Wie viele andere Länder der Europäischen Union ist Italiens Corona-Impfkampagne aufgrund von Lieferschwierigkeiten mit den Vakzinen in Verzug geraten.

Die Wirtschaft ist in die schlimmste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg gerutscht, 420.000 Menschen haben ihre Arbeit verloren. Das Land benötigt dringend die Corona-Hilfszahlungen der Europäischen Union in Höhe von 220 Milliarden Euro. Die Mitte-links-Koalition von Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte war am Streit um die Verwendung dieser Mittel zerbrochen, fast einen Monat lang war das Land ohne voll funktionsfähige Regierung.

Die Hilfszahlungen und sein Nimbus als "Retter der Nation" dürften Draghi bei seiner schweren Aufgabe zunächst helfen. Doch längerfristig "reicht es nicht aus, das Geld einfach nur auszugeben", warnt Luigi Scazzieri vom Zentrum für Europäische Reformen. Demnach erwartet Brüssel von Rom, "dass die Ausgaben mit seit langem notwendigen Reformen Hand in Hand gehen".

by Von Ljubomir MILASIN