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Israelische Polizei erschießt zwei Palästinenser im Westjordanland

UNO warnt Israel vor möglichen Kriegsverbrechen in Ost-Jerusalem

In den von Israel besetzten Palästinensergebieten nehmen die Spannungen weiter zu: Israelische Sicherheitskräfte töteten am Freitag nach eigenen Angaben zwei Angreifer im Westjordanland und verletzten einen weiteren schwer. Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund massiver Proteste gegen drohende Zwangsräumungen palästinensischer Häuser in Ost-Jerusalem. Die UNO warnte Israel vor dem Schritt: Es handele sich dabei möglicherweise um ein "Kriegsverbrechen", erklärte ein Sprecher.

Nach Angaben der israelischen Grenzpolizei hatten die drei palestinensischen Angreifer "in Richtung des Grenzpostens Salem" in der Nähe von Dschenin im Norden des Westjordanlands geschossen. Die Sicherheitskräfte hätten daraufhin das Feuer erwidert und die drei Angreifer "ausgeschaltet". Bei den "Terroristen" seien drei Schusswaffen, drei Messer und eine große Menge Munition sichergestellt worden.

Es ist nicht der erste tödliche Vorfall in dieser Woche: Israelische Soldaten erschossen am Mittwoch im Westjordanland einen 16-jährigen Palästinenser, nachdem ihre Einheit südlich von Nablus mit Brandsätzen angegriffen worden war.

Am Sonntag war zudem auf drei Israelis an einer Bushaltestelle südlich von Nablus im Westjordanland im Vorbeifahren das Feuer eröffnet worden. Ein 19-Jähriger erlag später seinen Verletzungen. Ein 44-jähriger Verdächtiger wurde nach Angaben israelischer Sicherheitskräfte im Dorf Silwad nahe Ramallah festgenommen.

Derzeit gibt es massive Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern wegen drohender Zwangsräumungen für palästinensische Familien in Ost-Jerusalem. Seit einigen Tagen kommt es deswegen zu teils gewaltsamen Protesten. In der Nacht zu Freitag wurden nach erneuten Zusammenstößen zwischen israelischen Sicherheitskräften und Demonstranten 15 Palästinenser festgenommen. Bereits in der Nacht zuvor waren bei Zusammenstößen mit der Polizei 22 palästinensische Demonstranten verletzt und elf festgenommen worden.

Insgesamt droht mehr als 30 Palästinensern im Stadtviertel Scheich Dscharrah in Ost-Jerusalem die Zwangsräumung durch die israelischen Behörden. Scheich Dscharrah liegt im Ostteil Jerusalems, den Israel im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und 1980 annektiert hatte. Die Annexion wird international nicht anerkannt.

Anfang des Jahres hatte Jerusalems Bezirksgericht entschieden, dass die Häuser der palästinensischen Familien rechtmäßig jüdischen Familien gehören. Nach israelischem Recht können jüdische Israelis vor Gericht Besitzanspruch auf Häuser in Ost-Jerusalem anmelden, wenn ihre Vorfahren vor dem arabisch-israelischen Krieg (1948-49) dort im Besitz von Grundstücken waren. Für Palästinenser, die ihr Eigentum ebenfalls infolge des Kriegs verloren haben, gibt es kein entsprechendes Gesetz.

Die UNO rief Israel auf, "sofort alle Zwangsräumungen abzusagen". Ost-Jerusalem sei "Teil des besetzten palästinensischen Gebiets, in dem das humanitäre Völkerrecht gilt", erklärte der Sprecher des UN-Rechtsbüros, Rupert Colville, am Freitag. "Die Besatzungsmacht kann kein Privateigentum in besetztem Gebiet konfiszieren."

Die Verlegung von Zivilisten in besetztes Gebiet sei nach internationalem Recht illegal und könnte "auf ein Kriegsverbrechen hinauslaufen", fügte Colville hinzu. Israel könne "den besetzten Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, nicht seine eigenen Gesetze aufzwingen". Am Montag findet vor Israels Oberstem Gericht eine Anhörung zu der Frage statt, ob die palästinensischen Familien gegen das Urteil Berufung einlegen können.

Die israelische Polizei bereitete sich angesichts der Freitagsgebete auf neue Zusammenstöße mit protestierenden Palästinensern vor. Zu den Gebeten am letzten Freitag des islamischen Fastenmonats Ramadan werden in der Altstadt von Ost-Jerusalem zehntausende muslimische Gläubige erwartet.

by JAAFAR ASHTIYEH