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Israel: Keine Geisel-Freilassung und keine Waffenruhe vor Freitag

Die zwischen Israel und der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas ausgehandelte Freilassung einer größeren Zahl von Geiseln sowie die daran geknüpfte vereinbarte Waffenruhe wird nach israelischen Angaben nicht vor Freitag beginnen. Die Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln dauerten an, erklärte Sicherheitsberater Tzachi Hanegbi am Mittwochabend. Sie werde "gemäß der ursprünglichen Abmachung beider Seiten und nicht vor Freitag beginnen".

Das Abkommen war am Mittwochmorgen von der israelischen Regierung gebilligt worden. Am Donnerstagmorgen sagte ein israelischer Beamter der Nachrichtenagentur AFP dann, dass die Kämpfe vor Freitag nicht eingestellt würden. Israelische Medien hatten zuvor berichtet, die Feuerpause solle am Donnerstag in Kraft treten und am selben Tag solle eine erste Gruppe von Geiseln freikommen. 

Das israelische Kabinett hatte in der Nacht zum Mittwoch einem Abkommen mit der Hamas zugestimmt, das während einer viertägigen Feuerpause die Freilassung von mindestens 50 von der Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln und auf der anderen Seite die Freilassung von 150 palästinensischen Frauen und Minderjährigen aus israelischen Gefängnissen vorsieht. 

Hilfsorganisationen kritisierten die vereinbarte viertägige Waffenruhe indes als ungenügend und forderten mehr Zeit zur Lieferung lebenswichtiger Hilfsgüter in das Gebiet. Die vereinbarte Waffenruhe sei "nicht genug und ganz sicher nicht ausreichend mit Blick auf die Menschenrechte", sagte Paul O'Brien von Amnesty International  bei einer Videokonferenz mit weiteren Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, Oxfam und Save the Children.

"In vier Tagen können wir nicht Nahrung für zwei Millionen Menschen liefern", kritisierte Danila Zizi von Handicap International. Die Feuerpause sei nur "ein Tropfen auf den heißen Stein".

Der palästinensische UN-Botschafter Riyad Mansour forderte ein "endgültiges Ende" des Kriegs zwischen Israel und der Hamas. Die vereinbarte Waffenruhe dürfe nicht nur eine Pause sein, "bevor das Massaker wieder von vorne beginnt", erklärte er vor dem UN-Sicherheitsrat und fügte hinzu, dass dank der Waffenruhe "hunderte palästinensische Kinder" am Leben blieben. 

US-Präsident Joe Biden telefonierte indes mit den Führern Katars, Israels und Ägyptens, wie das Weiße Haus am Mittwoch (Ortszeit) mitteilte. In allen drei Gesprächen sei es um "das Abkommen zur Freilassung der Geiseln (...) und um die jüngsten Entwicklungen in der Region" gegangen.

Biden und der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al-Thani, "verpflichteten sich, in engem Kontakt zu bleiben, um sicherzustellen, dass die Vereinbarung vollständig umgesetzt wird", erklärte das Weiße Haus. Der Golfstaat Katar spielte bei den Verhandlungen über eine Freilassung der Geiseln als Vermittler eine Schlüsselrolle. 

In seinem Gespräch mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versicherte der US-Präsident, "dass er sich weiterhin für die Freilassung aller verbleibenden Geiseln einsetzen wird". Zudem betonte er, wie wichtig Frieden "an der libanesischen Grenze und im Westjordanland" sei, erklärte das Weiße Haus.

Gegenüber Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi betonte Biden demnach, dass die USA "unter keinen Umständen die Zwangsumsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen oder dem Westjordanland" oder "die Neuziehung der Grenzen des Gazastreifens" zulassen würden. Er sprach sich für einen palästinensischen Staat aus und betonte, dass der Gazastreifen "kein Zufluchtsort für die Hamas bleiben" dürfe. 

Am 7. Oktober waren hunderte Hamas-Kämpfer nach Israel eingedrungen und hatten dort Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1200 Menschen getötet, rund 240 Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion darauf begann Israel damit, Ziele im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus anzugreifen. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 14.000 Menschen im Gazastreifen getötet.

kbh