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Iranischer Präsident fordert Ende aller Sanktionen bei Rückkehr zu Atomabkommen

Raisi in UN-Rede: "Kein Vertrauen in Versprechen der amerikanischen Regierung"

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat sich bei der UN-Generaldebatte grundsätzlich zu einer Rückkehr zum internationalen Atomabkommen bereit erklärt, zugleich aber eine Aufhebung "aller" Sanktionen gegen sein Land gefordert. "Die Islamische Republik zieht nützliche Gespräche in Erwägung, dessen endgültiger Ausgang die Aufhebung aller unterdrückenden Sanktionen ist", sagte der erzkonservative Staatschef am Dienstag in einer Videobotschaft vor der UN-Vollversammlung in New York.

Zugleich zeigte Raisi sich skeptisch mit Blick auf Zusagen von US-Präsident Joe Biden. "Wir haben kein Vertrauen in die Versprechen der amerikanischen Regierung." Der Hardliner nutzte seine Rede auch für weitere Attacken gegen die USA: Die Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar und der chaotische US-Truppenabzug aus Afghanistan würden deutlich machen, dass "das hegemonische System der USA keinerlei Glaubwürdigkeit hat, weder im Inland noch im Ausland."

Biden hatte zuvor in seiner UN-Rede die Bereitschaft Washingtons zu einer "vollständigen" Rückkehr zum Atomabkommen mit dem Iran bekräftigt, wenn Teheran dies auch tue. Die USA würden zusammen mit China, Frankreich, Russland, Großbritannien und Deutschland daran arbeiten, "diplomatisch und auf sichere Weise eine Rückkehr des Iran zum Atomabkommen zu erreichen". Zugleich bekräftigte Biden die Entschlossenheit und Bereitschaft der USA, Teheran am Bau von Atomwaffen zu hindern.

Die seit April in Wien laufenden Gespräche über eine Neuauflage des Abkommens aus dem Jahr 2015 waren nach Raisis Wahl zum neuen Präsidenten im Juni zum Stillstand gekommen. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, der sich anlässlich der Generaldebatte ebenfalls in New York aufhält, sagte jetzt laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna, die Verhandlungen würden "in den kommenden Wochen" wieder aufgenommen.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte in New York, er werde bei einem Treffen mit seinem iranischen Amtskollegen "noch einmal sehr deutlich machen, dass uns die Zeit davonläuft". Die iranische Verhandlungsdelegation dürfe nicht erst in "zwei bis drei Monaten" nach Wien zurückkehren, sondern dies müsse "schnell" geschehen. "Wir glauben nach wie vor, dass es möglich ist, diese Verhandlungen zu einem positiven Ergebnis zu führen. Aber nicht erst in Monaten, sondern in den kommenden Wochen."

Das internationale Atomabkommen von 2015 soll den Iran am Bau von Atomwaffen hindern. Unter anderem verpflichtete sich das Land, seine Kapazitäten für die Urananreicherung einzuschränken und regelmäßige Inspektionen seiner Nuklearanlagen zuzulassen. Im Gegenzug wurden internationale Sanktionen gegen den Iran aufgehoben.

2018 stiegen dann aber die USA unter Präsident Donald Trump einseitig aus dem Abkommen aus und verhängten erneut drastische Sanktionen. Danach zog sich Teheran ebenfalls schrittweise aus der Vereinbarung zurück. Der seit Januar amtierende Biden ist grundsätzlich zu einer Wiederbelebung des Atomabkommens bereit, macht aber zur Vorbedingung, dass sich Teheran wieder an seine darin eingegangenen Verpflichtungen hält.

by HO