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Internationaler Druck auf Kosovo und Serbien wächst nach jüngsten Spannungen

Nach den jüngsten Spannungen im Nordkosovo haben westliche Staaten den Druck auf die Konfliktparteien erhöht. Deutschland und Frankreich forderten am Donnerstag zur Beruhigung der Lage Neuwahlen in vier mehrheitlich serbischen Gemeinden, US-Außenminister Antony Blinken rief die Spitzen des Kosovo und Serbiens zur sofortigen Deeskalation auf. Unterdessen gingen im Norden des Kosovo erneut sowohl ethnische Serben als auch ethnische Albaner auf die Straße.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hätten die Präsidenten des Kosovo und Serbiens aufgefordert, die Neuwahlen "baldmöglichst" mit einer "Verpflichtung" seitens des Kosovo und einer "klaren Wahlbeteiligung" von serbischer Seite abzuhalten. Scholz und Macron vermittelten am Rande des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau zwischen der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani und Serbiens Präsidenten Aleksandar Vucic.

"Es ist jetzt wichtig, dass alle Beteiligten alles dafür tun, dass es zu einer Deeskalation kommt", sagte Bundeskanzler Scholz. Zudem sei es wichtig, dass sich die Bürger vor Ort "an den Wahlen beteiligen können". Das Ziel sei es, aus "dieser Spirale wieder herauszukommen".

Kosovos Präsidentin Osmani sagte zur Forderung Deutschlands und Frankreichs, sie sei "bereit", diese Möglichkeit "in Betracht zu ziehen". Sie habe ihre Gesprächspartner darüber informiert, dass das kosovarische Recht eine Wahlwiederholung erlaube. Dafür müsse ein Fünftel der Wähler in einem Distrikts ein entsprechendes Verfahren anstoßen. Dafür sei aber "Beteiligung von deren Seite" nötig.

Ihr serbischer Kollege Vucic sei gebeten worden, "sich nicht einzumischen, die Bürger nicht unter Druck zu setzen". Es habe aber "keine Antwort von seiner Seite" gegeben, sagte Osmani. Sie hoffe jedoch, dass die Bürger "von ihren Rechten Gebrauch machen können, die im Kosovo durch die Verfassung garantiert sind".

Die kosovarische Regierung hatte im Norden des Landes zuletzt ethnisch-albanische Bürgermeister in mehrheitlich von Serben bewohnten Gemeinden unter Polizeischutz in ihre Ämter gebracht. Serbische Bewohner der Region, in der viele Serben Belgrad die Treue halten, protestierten dagegen gewaltsam. Allerdings hatten die Serben zuvor die Kommunalwahlen weitgehend boykottiert, bei denen dann albanische Lokalpolitiker gewählt wurden.

US-Außenminister Antony Blinken rief die Regierungen des Kosovo und Serbiens am Donnerstag dazu auf, "unverzüglich Schritte zur Deeskalation der Spannungen" zu unternehmen. Er verwies am Rande eines informellen Treffens der Nato-Außenminister im norwegischen Oslo darauf, dass der Konflikt die Bestrebungen beider Länder zur Annäherung an die EU gefährde. Sowohl Serbien als auch das Kosovo wollen der EU beitreten.

Die Proteste im Kosovo gingen derweil weiter. Dutzende ethnische Serben - und damit deutlich weniger als zuvor - versammelten sich am Donnerstag vor dem mit Stacheldraht abgeriegelten und von Soldaten der internationalen Schutztruppe KFOR umringten Rathaus in der nordkosovarischen Stadt Zvecan. Dort waren Anfang der Woche dutzende KFOR-Soldaten bei Zusammenstößen mit Demonstranten verletzt worden.

Im mehrheitlich von Serben bewohnten Norden der geteilten Stadt Mitrovica wurden zwei ethnische Albaner von einer Gruppe maskierter "Krimineller" angegriffen und verletzt, wie die kosovarische Polizei erklärte.

Im Süden der Stadt, in dem mehrheitlich ethnische Albaner wohnen, demonstrierten kurzzeitig mehrere hundert Kosovo-Albaner, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Die Demonstranten hatten geplant, in den serbischen Teil der Stadt zu ziehen, doch die Polizei versperrte ihnen den Weg.

Das 1,8-Millionen-Einwohner-Land Kosovo mit seiner mehrheitlich ethnisch-albanischen Bevölkerung hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von Belgrad bis heute als serbische Provinz betrachtet. Rund 120.000 Serben leben im Kosovo, vor allem im Norden. Auch andere Länder, darunter Serbiens Verbündete China und Russland, erkennen die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an.

mhe/se