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Internationale Staatengemeinschaft verstärkt Druck auf Militärjunta in Myanmar

G7 verurteilen Angriffe auf Demonstranten - Suu Kyis Anwalt spricht von "Scheideweg"

Nach dem Tod mehrerer Demonstranten bei Massenprotesten gegen die Militärjunta in Myanmar erhöht die internationale Staatengemeinschaft den Druck auf die Generäle. Die Außenminister der G7-Staaten verurteilten am Dienstag das gewalttätige Vorgehen der Sicherheitskräfte, während die USA ihre Sanktionen verschärften und Brüssel ebenfalls Strafmaßnahmen verhängen will. Der Anwalt der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi sieht das südostasiatische Land im Kampf um die Demokratie an einem "historischen Scheideweg".

"Der Einsatz scharfer Munition gegen unbewaffnete Menschen ist inakzeptabel", schrieben die Vertreter der G7 sowie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Das Militär und die Polizei müssten äußerste Zurückhaltung üben sowie die Menschenrechte und das Völkerrecht achten.

Am Wochenende hatte die Militärführung ihr Vorgehen gegen die seit mehr als drei Wochen friedlich protestierenden Demonstranten verschärft. Bei den Protesten wurden zwei Menschen getötet, nachdem die Sicherheitskräfte scharfe Munition einsetzten. Am Freitag starb eine junge Demonstrantin, die nach einem Kopfschuss zehn Tage lang um ihr Leben gekämpft hatte.

"Wir bekunden unser Beileid mit Blick auf den Verlust von Menschenleben", hieß es in der gemeinsamen Erklärung von Außenminister Heiko Maas (SPD) und seinen Kollegen aus Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und den USA.

Die USA weiteten derweil ihre Sanktionen gegen die Militärführung aus. Gegen zwei weitere Mitglieder der nach dem Putsch vom 1. Februar installierten Militärregierung wurden Strafmaßnahmen verhängt, wie US-Außenminister Antony Blinken am Montag mitteilte. Stunden zuvor hatte die Europäische Union ebenfalls Sanktionen beschlossen, die sich gegen das Militär und seine wirtschaftlichen Interessen richten.

"Gezielte Sanktionen sind notwendig", sagte die UN-Sonderbeauftragte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, dem Sender France 24. Allgemeine Sanktionen, welche die Bevölkerung treffen könnten, sollten vermieden werden.

Die Demonstranten setzten trotz des harten Durchgreifens des Militärs ihre Kundgebungen am Dienstag in ganz Myanmar fort. In der größten Stadt Rangun versammelten sich jedoch weit weniger Menschen als an den Tagen zuvor. In der nördlichen Stadt Myitkyina fuhren Demonstranten auf ihren Mopeds durch die Straßen, schwenkten die Flagge Myanmars und zeigten den Drei-Finger-Gruß - ein Symbol des Widerstands.

Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) wurden seit dem Staatsstreich vom 1. Februar mehr als 680 Menschen verhaftet. Kaum jemand wurde demnach bislang freigelassen. Der Putsch beendete eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels in Myanmar, das seit seiner Unabhängigkeit 1948 fast 50 Jahre lang unter Militärherrschaft stand.

"Myanmar befindet sich an einem historischen Scheideweg. Wenn wir verlieren, werden wir für 40 bis 50 Jahre Sklaven der Militärjunta sein", sagte Suu Kyis Anwalt, der 73-jährige Khin Maung Zaw, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. "Wir müssen diesen Kampf gewinnen." Suu Kyi wurde seit ihrer Festnahme am 1. Februar nicht mehr gesehen. Die Militärführung erhob zwei Anklagen gegen sie, ihre Anhörung wird für den 1. März erwartet.

by Ye Aung Thu