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Intensivmediziner warnen vor Lockerungen der Corona-Auflagen schon im März

Hotel- und Gaststättengewerbe dringt auf Öffnungsperspektive

In der Debatte um Lockerungen des Corona-Lockdowns in Deutschland warnen Intensivmediziner vor voreiligen Maßnahmen. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin, Christian Karagiannidis, wandte sich in der Düsseldorfer "Rheinischen Post" vom Dienstag dagegen, die Auflagen bereits im März stark zu lockern. Bund und Länder müssten jetzt aufpassen, "das Spiel in der Verlängerung nicht zu verlieren".

Laut Berechnungen verliefen die Impfungen noch nicht schnell genug, um eine dritte Ausbreitungswelle des Coronavirus zu verhindern, wenn es  vor April eine Rückkehr zu einem nur leichten Lockdown wie im November gebe, sagte Karagiannidis.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) forderte indessen von Bund und Ländern die rasche Entwicklung von Öffnungsszenarien für die Branche. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Bundesländer dürften bei ihrer für den 3. März geplanten nächsten Konferenz die Lage des Gastgewerbes "nicht einfach weiter totschweigen", sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der "Rheinischen Post". Die Branche habe jetzt" einen Anspruch auf eine realistische Öffnungsperspektive in den kommenden Wochen".

Die Politik müsse darauf hinarbeiten, dass das Gastgewerbe keinen Tag länger geschlossen bleibe als "unbedingt notwendig", verlangte Hartges. Die Branche habe seit Ausbruch der Pandemie "ein Quasi-Berufsverbot von insgesamt schon sechs Monaten".

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, hatte sich am Montag allerdings angesichts zuletzt wieder gestiegener Infektionszahlen skeptisch zu möglichen Lockerungen geäußert. Zwar solle weiterhin mit den Ländern über eine "vernünftige Öffnungsstrategie" beraten werden, sagte Seibert. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass derzeit bereits "die erste Öffnungswelle rollt". Seibert verwies unter anderem auf die Öffnung von Kitas und Schulen sowie auch von Gartencentern und Baumärkten in mehreren Bundesländern.

Merkel fasst allerdings einen Stufenplan für den allmählichen Ausstieg aus dem Corona-Lockdown ins Auge. Nach Angaben von Teilnehmern einer CDU-Präsidiumssitzung am Montag schlug die Kanzlerin Paketlösungen für drei gesellschaftliche Bereiche in Kombination mit vermehrten Corona-Tests vor. Merkel nannte demnach die persönlichen Kontakte, Schulen sowie Sport, Restaurants und Kultur.

Angesichts steigender Infektionszahlen und der Ausbreitung der britischen Virusmutation mahnte die Kanzlerin den Angaben zufolge in der Sitzung allerdings auch zu großer Vorsicht. "Öffnungsschritte mit vermehrten Tests müssen klug eingeführt werden", wurde sie von Teilnehmern zitiert.

Auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) plädierte für einen klar strukturierten Stufenplan zur Lockerung der Restriktionen. Dieser Plan müsse an "klare Inzidenzwerte, Testmöglichkeiten und die Impfquote gekoppelt sein", sagte sie der "Rheinischen Post". Ein solcher Perspektivplan sei zwar nicht gleichbedeutend mit einer raschen Rückkehr zur Normalität: "Aber wir brauchen konkrete und verbindliche Zielmarken, an denen die Menschen sich orientieren können." Dies steigere auch die Akzeptanz, wenn die Einschränkungen noch verlängert werden müssten.

by ANNEGRET HILSE