Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hat vor einer Krankheitswelle wegen zunehmender Sanierungen von asbestbelasteten Wohnhäusern in Deutschland gewarnt. "Wir stehen am Anfang von zwei Sanierungsjahrzehnten", sagte Carsten Burckhardt, der bei der IG BAU unter anderem für den Arbeitsschutz zuständig ist, am Donnerstag in Berlin. Er forderte einen besseren Schutz für Bauarbeiter und Heimwerker vor der "unsichtbaren Gefahr".
Deutschlandweit wird Asbest nach Angaben der Gewerkschaft in 9,4 Millionen Wohnhäusern vermutet, die zwischen 1950 und 1989 gebaut wurden. Der Naturstoff wurde jahrzehntelang in Gebäuden verbaut, bevor er 1993 verboten wurde. Er ist gesundheitsschädlich und kann bis zu 30 Jahre nachdem die kleinen Partikel eingeatmet wurden, zu Lungen-, Rippenfell- oder Kehlkopfkrebs führen.
"Jeder Bauarbeiter und jeder Heimwerker muss wissen, auf was er sich einlässt, wenn er Fliesen abschlägt, Wände einreißt oder Fassaden saniert", sagte Burckhardt. Er plädierte für einen Asbest-Gipfel aus Bund, Ländern und Kommunen und forderte in einem Fünf-Punkte-Plan weitere Schutzmaßnahmen wie einen Asbest-Gebäudepass und eine Sanierungsprämie für Asbest-Häuser. Zudem sollten Bauarbeiter und Heimwerker über die Gefahren aufgeklärt werden.
Bei Baumaßnahmen müsse es transparente Informationen über das Asbestvorkommen geben, mit der auch die Gefahren für betroffene Gebäude eingeschätzt werden könnten, forderte die Gewerkschaft. Zudem solle der Staat Sanierungen finanziell unterstützen, mit dem Ziel, dass mehr Häuser asbestfrei werden. Auch intensivere Kontrollen mit mehr Personal seien nötig. Derzeit sei ein Kontrolleur für über 23.000 Beschäftigte zuständig.
Zwischen 1950 und 1990 wurden rund 4,35 Millionen Tonnen Asbest nach Deutschland importiert. Fest im Baumaterial gebunden geht von den Mineralfasern in der Regel keine Gefahr aus. Bei Abbrucharbeiten und Sanierungen wird der Stoff allerdings freigesetzt und über die Atemwege aufgenommen. Ein großes Problem ist laut IG BAU Spritz-Asbest, weil die Fasern dort schwächer gebunden seien. "Vor allem Aufzugsschächte sowie Schächte mit Versorgungs- und Entsorgungsleitungen wurden früher intensiv mit Spritz-Asbest verkleidet", erläuterte Burckhardt.
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