Angesichts eines dicken Auftragspolsters sieht die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) die Bauunternehmen in der Corona-Krise nicht gefährdet. "Kaum eine Branche kam bisher so gut durch die Pandemie wie die Bauwirtschaft", sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Robert Feiger am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Die Branche habe aber zunehmend Schwierigkeiten, genug Fachleute für die Baustellen zu finden. "Die Bau-Arbeitgeber sollten die Branche für Beschäftigte deshalb attraktiver machen", forderte Feiger.
In den Monaten März bis Mai dieses Jahres genehmigten die Bauämter ungeachtet der Pandemie knapp 91.000 neue Wohnungen, wie die IG Bau unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Grünen mitteilte. "Der Bau-Boom geht weiter", sagte dazu Feiger.
Der sogenannte Bauüberhang - also die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen - stieg den Zahlen zufolge im vergangenen Jahr um rund 43.000 Wohnungen. Mit insgesamt 740.400 Wohnungen erreichte der Überhang laut Statistischem Bundesamt 2019 den höchsten Stand seit 1998. "Es ist höchste Zeit, dass die Baufirmen die genehmigten Projekte jetzt auch realisieren", forderte Feiger. So könnten sie auch weiter "wirtschaftlich sicher durch die Corona-Krise gehen".
Die Chance, die Branche für Nachwuchskräfte attraktiver zu machen, sieht die Gewerkschaft in den derzeit laufenden Tarifverhandlungen. Die IG Bau fordert für die rund 850.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe 6,8 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 230 Euro zusätzlich im Monat. Außerdem solle die lange Fahrerei zur Baustelle entschädigt werden, verlangt die Gewerkschaft.
Feiger kritisierte, dass die Arbeitgeber nach drei Verhandlungsrunden immer noch kein Angebot vorgelegt haben. "Und das, obwohl die Geschäfte selbst in der Pandemie gut laufen", sagte er AFP.
by John MACDOUGALL