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Hunderte fliehen vor Waldbränden in der Türkei - Antikes Dorf Olympia bedroht

Griechischer Vize-Minister: "Wir kämpfen gegen Titanen"

In Griechenland und der Türkei haben Feuerwehrleute am Donnerstag weiter gegen zahlreiche verheerende Waldbrände gekämpft, die unter anderem nahe des antiken Dorfes Olympia wüteten. "Wir kämpfen gegen Titanen", sagte der griechische Vize-Katastrophenschutzminister Nikos Hardalias. "Das Härteste kommt erst noch." In der Türkei evakuierten Rettungskräfte derweil die Umgebung eines Kraftwerks im Südwesten des Landes, in dem tausende Tonnen Kohle lagern.

Die beiden Mittelmeerländer leiden aktuell unter einer ungewöhnlich heftigen Hitzewelle, die die zahlreichen Waldbrände begünstigt. Nach Einschätzung von Experten sind diese eine Folge der Klimakrise und der globalen Erwärmung, durch die sowohl die Anzahl als auch die Intensität von Hitzewellen und Waldbränden steigen. Hardalias sagte: "Wir sprechen nicht mehr über Klimawandel, sondern über eine Klimabedrohung."

Seit dem Beginn der jüngsten Brände starben in der Türkei bereits acht Menschen. Eine vergleichbar heftige Brandsaison gab es in dem Land laut EU-Angaben seit 2003 nicht mehr. In Griechenland gibt es derzeit noch rund hundert Brände, in der Türkei wurden seit Ende Juli 180 Feuer gemeldet, von denen mehr als ein Dutzend derzeit noch aktiv ist. Auch weitere südeuropäische Länder, darunter Italien, sind betroffen.

Der italienische Minister für die ökologische Wende, Roberto Cingolani, sagte am Donnerstag, mehr als 70 Prozent der Brände in Italien seien durch Menschen verursacht. Bei 22 Prozent lasse sich die Ursache nicht bestimmen, auch hier sei menschliches Handeln nicht ausgeschlossen. In Italien gab es in den letzten Wochen hunderte von Bränden.

In der Türkei wuchsen vor allem die Sorgen um das 35 Jahre alte Wärmekraftwerk Kemerkoy im Südwesten des Landes. Im nahegelegenen Hafen Oren sammelten sich in der Nacht zum Donnerstag laut Berichten von AFP-Reportern hunderte Menschen, die mit Booten der Küstenwache in Sicherheit gebracht wurden. Viele hatten nur wenige Habseligkeiten aus ihrem Zuhause mitnehmen können.

Örtlichen Behörden zufolge wurden die Wasserstofftanks, die zur Kühlung des Kraftwerks verwendet werden, geleert und mit Wasser gefüllt. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass die Flammen auf tausende Tonnen Kohle im Inneren der Anlage übergreifen könnten.

In beiden Ländern waren die Behörden zuletzt in die Kritik geraten, nicht entschlossen genug auf die verheerenden Brände zu reagieren. Der Bürgermeister von Limni auf der griechischen Insel Euböa, Giorgos Tsapourniotis, forderte, mehr Einsatzkräfte und Fluggeräte zu entsenden, "um keine Menschenleben zu riskieren". Der Bürgermeister der türkischen Stadt Milas hatte seit Tagen in Onlinemedien darum gebeten, zusätzliche Löschflugzeuge zu erhalten, bevor die Flammen das Kraftwerk erreichten.

Auch der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gerät zunehmend unter Druck. Am Mittwoch kritisierte er in einem im Fernsehen übertragenen Interview die Opposition, als bekannt wurde, dass die Flammen das Kraftwerk erreicht hatten. "Wenn es Brände in den USA oder Russland gibt, steht (die Opposition) hinter der Regierung, das ist hier nicht so", sagte der Präsident. Die Staatsanwaltschaft in Ankara teilte am Donnerstag mit, sie habe Ermittlungen wegen Nachrichten in Online-Netzwerken aufgenommen, unter anderem wegen "Beleidigung der türkischen Regierung".

In Griechenland waren mehr als 170 Feuerwehrleute, 50 Fahrzeuge und sechs Helikopter und Löschflugzeuge im Einsatz, um das antike Dorf Olympia vor den Flammen zu schützen. Der Brand habe etwa 20 Häuser zerstört und bewege sich nun in Richtung eines bergigen Gebiets im Nordwesten des Dorfes, sagte ein lokaler Behördenvertreter der Nachrichtenagentur ANA. Am Donnerstagmorgen seien zwei weitere Dörfer evakuiert worden.

Der Bürgermeister der Stadt Mantoudi auf der Insel Euböa, Giannis Tsapourniotis, sagte, derzeit bewege sich ein großes Feuer an vier Fronten. Besonders die Flammen, die das am Mittwoch evakuierte Kloster Sankt-David im Norden der Insel bedrohen, seien nur schwer zu kontrollieren.

by Von Kadir DEMIR