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Honor 10 Review: Preisbrecher mit AI-Camera und top notch Display im Test

Mit dem Honor 10 hat Huaweis Lifestyle-Marke vermutlich den wahren Flagship-Killer 2018 vorgestellt. Dank einer AI-gestützten Dual-Cam, fast randlosem 5.84 Zoll-Display und topaktueller Hardware lässt man die teilweise doppelt so teure Konkurrenz ziemlich alt aussehen. Ob es sich daher überhaupt lohnt, im Jahr 2018 mehr Geld in ein anderes Smartphone zu investieren, darüber soll dieser Testbericht Aufschluss geben.

Zunächst einmal aber vielen Dank an Honor Deutschland, die uns nicht nur zu dem Global Launch Event des Honor 10 nach London eingeladen, sondern auch das Smartphone (128GB, Midnight Black) für diesen Testbericht gestellt haben.

In dem schlicht-weißen Karton findet sich neben dem Smartphone (und einer darauf bereits angebrachten Displayschutzfolie) praktischerweise auch bereits eine passende transparente Schutzhülle. Außerdem sind ein Tool für den SIM-Kartenschacht, sowie ein 4.5A 5V-Netzteil mit europäischem Stecker und ein weißes USB Type C-Kabel enthalten. In der Verkaufsversion wird der Lieferumfang sicher noch von den üblichen Garantiehinweisen und Anleitungen ergänzt.

Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger wirkt das Design des Honor 10 im wahrsten Sinne des Wortes noch etwas runder. Denn abgerundet ist diesmal nicht nur die aus 15 Layern bestehende 3D-Glasrückseite, sondern auch die Front und der dazwischen liegende Metallrahmen. Selbst die Ecken des Displays sind nun rund.

Durch den Einsatz einer optischen Beschichtung erzielt Honor den visuellen Effekt, dass Licht abhängig von der Umgebung und dem jeweiligen Blickwinkel in unterschiedlichen Farben reflektiert wird. Was selbst bei unserem schwarzen Modell dezent sichtbar wird, fällt bei den anderen drei Farbvarianten noch sehr viel deutlicher auf. Neben Licht zieht die Rückseite aber auch Fingerabdrücke wie magisch an.

Vorne unterbricht einzig der schmale Telefonlautsprecher das zu den Ränder hin abfallende 2.5D-Glas, denn selbst den neuen UltraSonic-Fingerabdrucksensor hat man nun unter selbiges verlegt. Lediglich eine dünne Linie markiert seine Position, ertasten lässt er sich aber nicht mehr. Die Blicke auf sich ziehen tut aber eine andere Veränderung: Das IPS-Display ist jetzt auf stolze 5.84 Zoll angewachsen und erstreckt sich bei einer screen-to-body von 86 Prozent fast über die gesamte (149.6 x 71.2mm-) Fläche.

Entsprechend schmal fallen nun die Ränder aus. Ein etwa zwei Millimeter dünner Streifen zieht sich um das im 19:9-Format gehaltene Display und wird lediglich am unteren Ende und im Bereich der Frontkamera etwas breiter – auf die sogenannte Notch kommen wir später noch einmal zu sprechen, sie stört das Erscheinungsbild aber weniger als erwartet und lässt sich softwareseitig ausblenden.

Die beiden Glasflächen auf der Vorder- und Rückseite verbindet ein 7.7 Millimeter schlanker Metallrahmen, der sich zu den Seiten hin noch etwas verjüngt und diesmal (zumindest bei unserem Midnight Black-Modell) glänzend statt matt ausfällt. An dessen oberen linken Rand findet sich der DualSIM-Schacht, der sich nur mit dem beiliegenden Tool öffnen lässt und zwei nanoSIM-Karten aufnehmen kann. Gegenüber wurden Powerbutton und Lautstärkewippe positioniert – beide Tasten sind zwar sehr schmal gehalten, besitzen aber einen angenehm festen Druckpunkt.

Auch sonst ist das Honor 10 absolut perfekt verarbeitet, nirgendwo fallen scharfe Kanten oder störende Spaltmaße auf. Etwas schade ist nur: Nachdem man selbst den Fingerabdrucksensor nun in die Glasoberfläche integriert bekommen hat, fällt die neuerdings wieder leicht hervorstehende Kamera noch mehr auf. Beim Honor 9 hatte man das noch besser gelöst bekommen.

Um den Rundgang noch zu beenden: An der Oberseite des Smartphones wurden lediglich der Infratosender und eins der beiden Mikrofone positioniert. Das andere Mikrofon befindet sich am unteren Ende, neben den Lautsprecher-Öffnungen, die noch von einem USB Type C sowie dem weiterhin vorhandenen 3.5mm-Klinkenanschluss flankiert werden.

Das hervorragend verarbeitete Glas- und Metallgehäuse hinterlässt insgesamt einen wertigen und leider auch sehr empfindlichen Eindruck. Das war beim Honor 9 aber nicht anders und da hat sich unser Testgerät bisher auch ganz gut halten können. Eine Display-Schutzfolie sowie eine transparente Schutzhülle (Case) liegen dem Smartphone außerdem ja freundlicherweise direkt bei.

Von der signifikant verbesserten screen-to-body ratio einmal abgesehen stellt auch das Honor 10 im direkten Vergleich zum Vorgänger nur eine Evolution dar – aber deshalb ist es trotzdem ein schickes Smartphone, das vor allem trotz eines 5.84 Zoll Displays noch immer gut mit einer Hand bedient werden kann. Unser schwarzes Modell wirkt aber auch längst nicht so aufregend wie das farbwechselnde Aurora Design der lila-blauen und türkis-grünen Varianten (Phantom Green und Phantom Blue), die in Kooperation mit dem Paris Aesthetics Center entstanden sind und definitiv einen Blick wert sind.

Das Global Launch Event in der vergangenen Woche stand unter dem Motto Beauty in AI. Eine Schönheit ist das Honor 10 mit seinen reflektierenden Glasoberflächen und dem schlanken Design definitiv, daher nun zum zweiten Teil: den AI-Funktionen, die sich hauptsächlich in der Kamera-Anwendung bemerkbar machen.

Honor belässt es auch diesmal nicht bei einem einzelnen 16 Megapixel-Sensor mit f/1.8-Blende, sondern ergänzt erneut einen monochromen Sensor. Anstatt beim Einfangen des Lichtes auch auf die Farbe achten zu müssen, konzentriert sich der monochrome zweite Sensor nur auf dessen Intensität, fängt deshalb deutlich mehr Licht ein und sorgt mit einer Auflösung von bis zu 24 Megapixeln (ebenfalls bei einer f/1.8-Blende) für ein insgesamt schärferes und detaillierteres Bild.

Beide Sensoren nehmen gleichzeitig ein Foto auf und das Smartphone setzt diese dann zusammen, so verbindet das Honor 10 die Vorteile beider Komponenten. Die Ergebnisse sind – gerade für diese Preisklasse – beeindruckend, behaltet aber im Hinterkopf, dass alle hier gezeigten Aufnahmen von uns vor dem Upload komprimiert wurden.

Mit dem Honor 10 lassen sich wirklich gute Fotos machen. Tagsüber werden Farben realistisch eingefangen, Kontrast und Zeichnung sind selbst bei schwierigen Motiven noch überzeugend und die Fotos sind immer ausreichend scharf und detailliert.

Die Spreu vom Weizen trennt sich aber ja mittlerweile in semi-optimalen Lichterverhältnissen. Und auch hier kann die Dual-Cam definitiv überzeugen. Texturen und Konturen erscheinen weiterhin recht scharf und detailliert und das Rauschen hält sich bis zu einem gewissen Punkt noch sehr in Grenzen. Dank des manuellen Modus, in dem sich ISO und Belichtungszeit selbst anpassen lassen, ermöglichen ausreichend Zeit und eine ruhige Hand (oder ein Stativ) auch nochmals deutlich bessere Ergebnisse. Ein Huawei P20 Pro oder Galaxy S9 würden da vermutlich stets noch etwas mehr rausholen, beide Smartphones sind aber auch doppelt so teuer (UVP 899 respektive 949 Euro), von daher kann sich das Honor 10 damit durchaus sehen lassen.

Honor 10 - Low-Light Aufnahmen

Eine Dual-Cam hat noch andere Vorteile. Dank unterschiedlicher Brennweiten lassen sich Motive doppelt so nah heranholen, ehe man auf einen digitalen Zoom und die damit verbundenen Qualitätsverluste zurückgreifen muss. Tiefenschärfe-Effekte (Bokeh) lassen sich im Portrait- oder Blendenmodus oder mit der AI erreichen und sogar nachträglich justieren, wie gehabt erzielen Huawei/Honor hier meiner Ansicht nach die besten Ergebnisse und separieren Motiv und Hintergrund fast ausnahmslos sauber und genau.

Indem dann nur der eine Sensor zum Einsatz kommt, ermöglicht die Dual-Cam außerdem einen echten Monochrom-Modus für wirklich fantastische Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Auch gerade bei nächtlichen Motiven funktioniert das sehr gut, weil die Ergebnisse durch den verwendeten 24 Megapixel-Sensor nochmals etwas schärfer wirken.

Honor 10 - Monochrome Aufnahmen

AI-Verbesserungen für kräftigere Farben

Die eigentliche Besonderheit der Smartphone-Kamera im Honor 10 ist der AI-Modus. Es ist sicher a bit of a stretch hier von künstlicher Intelligenz zu sprechen, aber da nehmen sich die Android-OEMs zur Zeit alle nichts. Das Honor 10 jedenfalls soll dank der für solche Aufgaben optimierten NPU des Kirin 970-SOCs in Echtzeit über 500 Szenarien aus verschiedensten Kategorien erkennen können, und die Parameter entsprechend anpassen.

Und tatsächlich funktioniert die Szenen- und Objekterkennung wirklich gut. Die trainierten Algorithmen können bewölkten von sonnigem Himmel unterscheiden, erkennen den Unterschied zwischen Person und Hintergrund, differenzieren zwischen Katzen und Hunden, Blumen und Bäumen. Nach einem kurzen Augenblick gibt ein kleines Symbol am unteren Rand Aufschluss darüber, worauf die Einstellungen angepasst werden und viel öfter, als ich erwartet hätte, ist es auch genau das richtige Symbol.

Das Problem ist eher, dass die Software mit dem so zuverlässig erkannten Motiv dann nicht recht etwas anzufangen weiß. Zwar werden die Einstellungen entsprechend angepasst, aber immer mit dem (in der Beschreibung des Modus selbst auch explizit formulierten) Ziel, die Farben im Bild hervorzuheben. Und das ist einfach nicht per se für alle Szenen die beste Lösung. Gelegentlich oft wirkt das selbe Motiv ohne AI-Intervention in meinen Augen dann sogar besser – es scheint natürlicher, Farbtemperatur und -darstellung sind zurückhaltender und realistischer und das Bild manchmal sogar schärfer.

Honor 10 - Vergleich der AI-Verbesserungen

Oben findet ihr eine Reihe von Bildern die einmal mit und einmal ohne AI-Unterstützung aufgenommen wurden, am besten macht ihr euch also selbst einen Eindruck davon. Das sind wenig aussagekräftige (weil extreme) Beispiele, aber meiner Ansicht nach tun die Verbesserungen dem Bild eben nicht immer gut – die (abends fotografierte) Katze verliert etwas an Details und die Farben in allen drei sind einfach etwas zu stark hervorgehoben.

Aber das trifft längst nicht immer zu. Oft sind die Bilder mit AI-Verbesserungen einfach richtig gut und profitieren je nach Motiv durchaus von den lebhafteren Farben und dem automatisch angewandten Bokeh-Effekt. Durch letzteren sind beispielsweise bei Portraits die Ergebnisse denen des normalen Automatik-Modus wirklich überlegen. Ebenso wie in der Galerie die Blende bzw. der Bokeh nachträglich justiert werden kann, lassen sich außerdem die AI-Verbesserungen nachträglich deaktivieren, falls man mal nicht zufrieden ist.

Honor 10 - Aufnahmen mit AI-Verbesserungen

Aufbau und Funktionen der Kamera-App

Ob einem der AI-Modus damit letztlich zusagt ist also eine Frage des persönlichen Geschmacks. Wer aber das Potenzial der Dual-Cam des Honor 10 wirklich ausreizen möchte, ist ohnehin auf den manuellen Modus angewiesen. Dieser bietet nicht nur die Möglichkeit, unkomprimierte RAWs zu speichern, sondern lässt ambitionierten Fotografen auch die volle Kontrolle über Fokus, Weißabgleich, ISO, Messung sowie Belichtungszeit und -korrektur. Nichts für einen Schnappschuss, aber für das Experimentieren mit ruhigen Motiven und schwierigen Lichtverhältnissen sehr einladend.

Der dedizierte Portrait-Modus des Honor 10 ermöglicht nicht nur Beauty-Effekte (d.h. Weichzeichner) bei Aufnahmen der Frontkamera anzuwenden, sondern ergänzt auch einen Bokeh-Effekt, zweifachen optischen Zoom und fünf verschiedene künstliche Belichtungen – vom Butterfly bis zum Classic Lightning. Das Experimentieren damit lohnt sich, warum der Modus so prominent platziert ist erschließt sich mir aber nicht ganz.

Noch etliche weitere mal mehr oder weniger sinnvolle Modi ergänzen die genannten. Erstaunlich viele davon sind in Kooperation mit Drittanbietern (wie Pitu und Fyuse) entstanden, noch viel mehr sind aber einfach nicht oder nur sehr begrenzt sinnig. AR-Features a’la Snapchat für Hintergründe und Masken mögen auf dem asiatischen Markt gut ankommen, tragen aber nicht eben zur Übersicht bei und werden jeden über 11jährigen nach wenigen Minuten langweilen. Gleiches gilt für die Farbfilter, den (Internetzugriff benötigenden) Künstlermodus oder den 3D-Creator, die man anders als einige der anderen Modi auch nicht entfernen bzw. explizit nachinstallieren darf.

Das alles trägt mit dazu bei, dass die EMUI-Kamera seit dem Vorgänger leider einiges an Übersicht eingebüßt hat. Portrait- und Blenden-Modus sind schnell erreichbar, alle anderen nur sehr umständlich. Der Wechsel zwischen Fotos und Videos dauert nun länger und die Bedienung der App ist inzwischen einfach weniger intuitiv.

24 Megapixel Frontkamera und 4K-Video

Videos lassen sich mit dem Honor 10 sowohl als H.264 als auch als H.265 speichern und in den Qualitätsstufen HD, FHD (30 oder 60fps), FHD+, und UHD aufzeichnen. Trotz 24 Megapixel-Sensor schafft die Frontkamera nur HD-Videos. Slow-Motion (Zeitlupe, FHD 120fps) und Hyperlapse (Zeitraffer) sind in eigenständige Modi ausgelagert und – wie auch bei normalen Videos sind die Ergebnisse des Honor 10 solide, aber nicht herausragend.

Um noch einmal auf die Frontkamera zurückzukommen: Mit einem 24 Megapixel-Sensor ausgestattet verspricht diese, auch anspruchsvolle Freunde des Selbstportraits zufrieden zu stellen. Und tatsächlich sind die Aufnahmen in guten Lichtverhältnissen detailliert, scharf und gut ausgeleuchtet und in schlechten noch immer durchaus zu gebrauchen. Den Portraitmodus mit Beauty- und Beleuchtungseffekten sowie Fake-Bokeh kann man hier ebenfalls verwenden.

Honor 10 - Tageslicht-Aufnahmen

Abschließend hinterlässt die Kamera des Honor 10 nach zwei Wochen intensiver Nutzung einen sehr positiven Eindruck, auch wenn die AI-Features bisher nur moderat nützlich erscheinen und die Anwendung selbst einfach überladen wirkt. Dafür beeindruckt die Dual-Cam aber mit fantastischen monochromen Aufnahmen, überzeugenden Tiefenschärfe-Effekten und solider Low Light-Performance. Für schnelle Schnappschüsse taugt sie ebenso wie für sorgsam arrangierte und manuell optimierte Aufnahmen und für diese Preisklasse (399/449 Euro) macht sie überdurchschnittlich gute Bilder.

Das 19:9-Displayformat des Honor 10 resultiert in einer etwas ungewöhnlichen Auflösung von 2280×1080 Pixeln (432ppi, FHD+), die auf einer Diagonale von 5.84 Zoll (14.83cm) aber eine absolut scharfe und detallierte Darstellung ermöglichen.

Text- und Bildinhalte lassen sich einwandfrei auch aus flachen Blickwinkeln erkennen und Farben und Kontraste des TrueTone IPS LCD können ebenfalls überzeugen – Farbtemperatur und -modus (Lebhaft oder Normal) können in den Einstellungen zudem den eigenen Vorlieben angepasst werden. Einzig der an sich wohl gute Schwarzwert reicht nicht ganz an ein OLED-Panel ran.

Angesichts des stark reflektierenden 2.5D-Glas tut sich das Display bei direkter starker Sonneneinstrahlung manchmal schwer, diese durch eine entsprechende Helligkeit zu kompensieren. Davon abgesehen gibt es aber in diesem Punkt keinen Anlass zur Klage. Das Display kann sowohl sehr dunkel eingestell werden, um abends (zusammen mit dem integrierten Blaulichtfilter) die Augen zu schonen, wie auch tagsüber und draußen für die nötige Lesbarkeit sorgen. Die automatische Helligkeitsregelung arbeitet ohne Probleme, man muss also auch selten selber eingreifen.

Unvermeidlich wird man an dieser Stelle außerdem auf die charakteristische Notch, die Display-Einkerbung am oberen Rand, eingehen müssen, denn diese stellt einen durchaus kontroversen Kompromiss dar. Frontkamera, Telefonlautsprecher und Sensoren muss man nun mal irgendwo unterbringen wenn das Display bis fast ganz zum Rand reichen soll, wirklich elegant finde ich diese Lösung aber nach wie vor nicht.

Android hat seine liebe Mühe damit (Icons werden unbequem positioniert, Texte und Inhalte in manchen Apps einfach abgeschnitten) und es erinnert auch einfach unbestreitbar an das iPhone X.

Honor-Präsident George Zhao erntete bei dem Global Launch Event in London zwar einige Lacher für den direkten Vergleich mit dem iPhone, bei dem schnell auffällt, dass die Notch des Honor 10 deutlich schmaler ausfällt (und weniger stört) – die grundsätzliche Problematik bleibt aber bestehen und ist unter Android sogar noch auffälliger. Mit der im frühen Herbst erscheinenden Android-Version P wird zwar eine DisplayCutout-API eingeführt werden, die es Entwicklern ermöglicht ihre Apps entsprechend anzupassen, bis Android P aber einen signifikanten Marktanteil vorweisen kann und diese Anpassungen flächendeckend umgesetzt sind, haben wir die momentane Übergangsphase hin zu echten FullScreen-Displays aber sicher ohnehin schon seit Jahren hinter uns.

Immerhin kann man die Notch effektiv verstecken und damit auch ein symmetrisches Erscheinungsbild erzwingen, indem man links und rechts davon schwarze Balken einblenden lässt, die sogar die abgerundeten Ecken des Displays imitieren. Bei einem OLED-Panel würde das noch eine Ecke besser wirken und natürlich geht damit auch ein Stück der Immersion verloren. Es ist aber ein akzeptabler Kompromiss für alle, die Notch-Displays sonst kategorisch ausschließen.

Dem üblichen Schema folgend vertraut das Honor 10 wie alle jüngeren Honor- und Huawei-Flaggschiffe auf den Kirin SoC aus dem letzten Herbst. Der HiSilicon Kirin 970 setzt sich aus vier ARM Cortex A73 Kernen mit bis zu 2.36GHz und vier weiteren ARM Cortex A53 Kernen mit bis zu 1.8GHz (ARM big.LITTLE) sowie einer integrierten Mali G72 MP12 GPU zusammen. Darüber hinaus verfügt der SoC über eine dedizierte NPU (Neural Processing Unit), die für Aufgaben aus dem Bereich Machine Learning und Artificial Intelligence optimiert ist und insbesondere bei der Erkennung von Objekten und Szenen in Bildern effektiver und effizienter arbeiten soll.

EMUI verwendet diese NPU, um bei Telefonaten die Gesprächsqualität und -lautstärke dynamisch anzupassen oder Anwendungen dem Nutzerverhalten entsprechend zu priorisieren. Auch einige externe Apps sollen sie ausnutzen können. Es sind aber vor allem die bereits erwähnten Kamera-Features, die von den Fähigkeiten der Kirin-NPU profitieren: Dass die intelligente Objekt- und Szenenerkennung hervorragend funktioniert, hatte ich ja bereits angesprochen (es hakt bisher nur manchmal dabei, mit dem Erkannten dann auch etwas anzufangen).

Auch von der NPU einmal abgesehen entspricht der Kirin-SoC dem aktuellsten Stand der Technik und so gibt es am Honor 10 (wie bei so ziemlich jedem aktuellen High-End-Smartphone) performancetechnisch nichts aussetzen. Das Android-OS und alle installierten Anwendungen laufen flüssig, in aktuellen Spieletitel erreicht die integrierte GPU selbst auf höchsten Qualitätsstufen konstant hohe Frameraten und dank 4GB RAM starten Apps schnell aus dem Standby und selbst intensives Multitasking stellt keine erkennbare Herausforderung dar.

An internem Speicher stehen je nach Modell 64GB oder 128GB zur Verfügung, wobei ein Aufpreis von 50 Euro für die 128GB-Version fair erscheint. Von den 128GB in meinem Honor 10 waren ab Werk noch etwa 115GB frei, eine Erweiterung per microSD-Karte ist nicht möglich.

Wenig Worte gibt es über den integrierten Lautsprecher zu verlieren, dessen fünf kreisrunde Öffnungen in den unteren Rahmen gefräst wurden. Ab etwa halber Lautstärke nimmt die Soundqualität deutlich ab und beginnt zu scheppern, darunter kann man damit jedoch durchaus mal für ein paar Minuten Musik darüber hören oder ein kurzes Video anschauen. Ordentlichen Bass oder Stereo-Sound sollte man aber nicht erwarten, der Lautsprecher ist einfach solider Durchschnitt und nicht mehr.

Den USB Type C-Port kann man zum Aufladen und für die Datenübertragung verwenden, machbar sind aber nur USB 2.0-Geschwindigkeiten. Der mit dem Huawei Mate 10 eingeführte PC-Modus der EMUI wird deshalb nicht unterstützt. Neben dem USB-Port verbaut Honor einen bewährten 3.5mm-Klinkenanschluss, um Kopfhörer und anderes Audiozubehör zu verbinden – hier hat das Honor 10 einen klaren Vorteil gegenüber dem fast baugleichen, aber teureren Schwesternmodell Huawei P20.

Bluetooth wird seltsamerweise nur in Version 4.2 unterstützt, funktioniert aber trotzdem problemlos und ermöglicht eine stabile Verbindung mit Kopfhörern, Wearables und Anlagen auf eine Distanz von bis zu neun Metern.

Ins Internet geht es im Honor 10 wahlweise entweder per WiFi oder LTE. Bei ersterem werden die 802.11 Standards a/b/g/n und ac (2.4 + 5GHz) unterstützt und die Verbindung lässt sich für beide Frequenzen problemlos einrichten und bleibt durchgehend stabil und gewohnt schnell. Auch LTE wird in allen für uns relevanten Frequenzen (TDD: B38, B40, B41, FDD: B1, B3, B5, B7, B8, B19, B20) geboten und um 2G und 3G-Unterstützung ergänzt.

Das Honor 10 nimmt zwei nanoSIM-Karten parallel auf und ermöglicht beiden eine parallele LTE-Verbindung – was ich mangels zweiter SIM nicht testen konnte. Die Verbindung gibt aber keinen Anlass zur Klage und im Raum Köln/Bonn konnte man fast durchgehend mit einer stabilen LTE-Verbindung rechnen und als mobiler Hotspot funktioniert das Smartphone problemlos.

Auch die Gesprächsqualität in Telefonaten entspricht auf beiden Seiten den Erwartungen und scheint in lauten Umgebungen tatsächlich von der intelligenten Anpassung durch die NPU-gestützte Software zu profitieren, die Hintergrundgeräusche reduziert und die eigene Stimme verstärkt. NFC wird vom Honor 10 ebenfalls unterstützt, und an Ortungsdiensten stehen GPS, AGPS und GLONASS zur Verfügung, die eine schnelle und nur minimal abweichende Ortung ermöglichten.

Auch weiterhin verbaut Honor zudem einen Infrarotsender am oberen Rand des Smartphones. Über externe Anwendungen oder die vorinstallierte Smart Controller-App lassen sich damit verschiedene Geräte (Fernseher, Klimaanlagen etc.) fernsteuern. Da die App bereits eine Reihe von Herstellern kennt habe ich einfach diese verwendet, und bei verschiedenen (Samsung-) Modellen auch keine Probleme mit Einrichtung und Bedienung gehabt.

Wer sich allzu oft in der Situation wiederfindet, dass die eigentlich Fernbedienung unauffindbar ist oder unerreichbar weit weg scheint, der wird für die Alternative dankbar sein. Die anderen Nutzer stört der Infrarotsender nicht, kann man also gerne weiter verbauen.

Eine Akkukapazität von 3400mAh scheint angesichts des hochauflösenden IPS-Panels nur ein durchschnittlicher Wert, tatsächlich hat die Akkulaufzeit des Smartphones meine dahingehenden Erwartungen aber deutlich übertroffen. Während man bei moderater Nutzung (von hauptsächlich Telegram, Firefox und der Kamera) auch durchaus zwei Tage Laufzeit erreicht, kommt man selbst bei intensiver Verwendung der genannten Apps noch immer bis zum späten Abend aus.

Da sich zudem ohne erkennbare Einbußen bei der Darstellungsqualität die Bildschirmauflösung (automatisch oder manuell) auf HD+ (1520×720 Pixel) reduzieren, das Autostart- und Hintergrundverhalten der installierten Anwendungen anpassen, sowie neben einem normalen auch ein sehr restriktiv ausgestalteter Ultra-Energiesparmodus verwenden lässt, kann man die ohnehin gute Akkulaufzeit noch weiter verlängern.

Wireless Charging wird nicht unterstützt, aber Huaweis SuperCharge-Technologie hält, was der Name verspricht. In etwas über einer halben Stunde ist das Smartphone dank des im Lieferumfang enthaltenen 5V 4.5A-Netzteils bereits zu fast 70 Prozent aufgeladen! Entsprechend muss man das Honor 10 quasi nie über Nacht laden, denn selbst wenn es völlig leer ist, reichen nur wenige Minuten am nächsten Morgen, um sicher über den Tag zu kommen. Eine spürbare Wärmeentwicklung ließ sich dabei nicht feststellen, generell wurde das Smartphone nur bei sehr langen Kamera-Sessions (oder eben in der Sonne) etwas wärmer.

Zu dem eleganten Erscheinungsbild der mit 2.5D-Glas verkleideten Front trägt wesentlich bei, dass der weiterhin vorne platzierte Fingerabdrucksensor nun direkt in das Glas eingelassen ist. Eine dünne und oft quasi unsichtbare Linie markiert seine Position, ertasten kann man den Sensor aber nicht mehr.

Dieser neue Ultrasonic-Fingerabdrucksensor kann nun auch mit nassen Fingern problemlos verwendet werden und entsperrt das Smartphone gewohnt schnell und zuverlässig. Er lässt sich aber nicht mehr ganz so intuitiv bedienen wie noch beim Vorgänger und man braucht gelegentlich mal einen zweiten Anlauf – einmal eben weil der Sensor nicht mehr blind ertastet werden kann und einmal weil er nun sehr an den ziemlich dünnen unteren Rand gequetscht wurde und nicht mehr ganz so bequem erreicht werden kann. Anfangs bereitet das noch Schwierigkeiten, man gewöhnt sich aber schnell daran.

Darüber hinaus fungiert der Fingerabdrucksensor auch als kapazitiver Homebutton – ergänzend zum Homebutton der OnScreen-Navigation, die man aber auch komplett ausblenden kann. Denn wie schon bei manchen Huawei-Modellen und ähnlich dem Meizu Pro 7 Plus lassen sich die Funktionen Back, Home und Recent Apps komplett über den Homebutton (sowie unsinnigerweise auch über einen virtuellen Homebutton) realisieren.

Natürlich verfügt auch das Honor 10 über Face Recognition (Gesichtserkennung), die auch erstaunlich gut funktioniert und einen den Lockscreen auf Wunsch sogar komplett überspringen lässt. Die Einrichtung geht schnell von der Hand, in sehr dunklen Lichtverhältnissen hat die verwendete Frontkamera aber auch durchaus mal ihre Probleme mit der Erkennung – insgesamt ist der Fingerabdrucksensor die zuverlässigere und wahrscheinlich auch sicherere Methode. Man kann aber problemlos beides parallel verwenden.

EMUI ist auch in der Android 8.1 Oreo-basierten Version 8.1 noch immer nicht meine Lieblings-Oberfläche, verbessert sich aber stetig. Wer bereits ein Huawei- oder Honor-Smartphone besaß wird sich sofort zurecht finden, auch für alle anderen sollte der Umstieg aber nicht allzu schwer sein, nachdem sich die UI in den vergangenen beiden Jahren Stock Android wieder etwas angenähert hatte. Auf unserem Testgerät ist der Sicherheitspatch aus April 2018 installiert (wie beim Lieferumfang und den vorinstallierten Apps können hier in den Verkaufsversionen Abweichungen möglich sein).

Etwas unübersichtlich sind die Oberfläche und ihre undurchsichtigen Menüs auch weiterhin. Bestes Beispiel ist die gerade für Einsteiger sicher interessante Funktion von dem klassischen EMUI-Layout auf eines mit AppDrawer umzusteigen – was nur über die Anzeige(!)-Einstellungen erreicht werden kann und nicht etwa über die Optionen der Oberfläche.

Ziemlich lang ist auch weiterhin die Liste der vorinstallierten Anwendungen (wobei die Pressegeräte hier evtl. noch mehr zu leiden haben). Neben Kooperationen mit Microsoft (Office-Suite, Translator, SwiftKey) und GoPro (Quik) sowie natürlich diversen Spielen und allen mehr oder weniger nützlichen Google-Services wartet EMUI noch mit zahlreichen eigenen Anwendungen auf. Manche (der Kalender beispielsweise, oder der Dateimanager und die mit AI-Features aufgebohrte Galerie) sind durchaus sinnvoll, andere (Kompass und Spiegel beispielsweise) dagegen eher weniger.

Außerdem wird einem an allen Enden eine Huawei ID nahegelegt, mit der sich Cloud, Themes, Wallet und der neuerdings vorinstallierte hauseigene App Store (AppGallery) verwenden lassen. Wie bereits für die Kamera-Anwendung festgestellt, täte EMUI eine Aufräum-Aktion mal ganz gut, zumal sich längst nicht alle vorinstallierten Apps entfernen oder deaktivieren lassen.

Was für einen Unterschied ein Jahr doch machen kann. Zumindest äußerlich hält das Honor 10 der Ansicht, neuere Smartphones würden sich kaum mehr verändern, ein im Vergleich zum Vorgänger deutlich moderner wirkendes Design entgegen – das allerdings auch weiterhin etwas anfällig wirkt. Der Unterschied ist vor allem der neuen Front geschuldet, die neben dem verborgenen UltraSonic-Fingerabdrucksensor auch das hochauflösende FHD+ IPS-Display birgt, an dem sich einzig die unpassende, aber ausblendbare, Notch kritisieren lässt.

Performance, Konnektivität und Akkulaufzeit (sowie dank SuperCharge auch die Ladezeit) des Honor 10 können ebenfalls mehr als überzeugen. Ob einem die Android 8.1-basierte EMUI zusagt bleibt dagegen weiterhin eine Frage der persönlichen Präferenz. Trotz vieler unbestreitbar nützlicher Funktionen wirkt die Oberfläche insgesamt etwas überladen. Das gilt auch für die Kamera-App, die den ansonsten wirklich hervorragenden Eindruck von der Dual-Cam zwar etwas trübt, an der für sich genommen selbst in schwachen Lichtervhältnissen noch wirklich guten Bildqualität aber nichts ändert und durch Features wie Hybrid-Zoom und Portait-Modus mindestens kompensiert wird.

Um abschließend auf die eingangs formulierte Frage zurückzukommen, ob es sich lohnt für ein anderes Smartphone aktuell mehr Geld auszugeben: Wohl kaum. Das Honor 10 bietet so ziemlich alles, was auch die höherpreisigen Konkurrenten haben, inklusive einer wirklich guten Kamera, ordentlicher Hardware und guter Akkulaufzeit sowie einem top notch Display (pun intended). Gegenwärtig kostet das Smartphone 399 Euro (64GB) bzw. 449 Euro (128GB) und dafür gibt es alles, was man sich derzeit von einem Android-Smartphone erwarten kann. Daher insgesamt eine klare Kaufempfehlung.

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