Der Hongkonger Demokratie-Aktivist und Juraprofessor Benny Tai will seine Entlassung durch die Universität vor Gericht anfechten. Er werde Berufung gegen die Entscheidung der Universität von Hongkong (HKU) einlegen und die einseitige Kündigung juristisch überprüfen lassen, erklärte Tai am Mittwoch im Online-Dienst Facebook. Wissenschaftskollegen und prominente Vertreter der Demokratiebewegung stellten sich hinter Tai. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte internationale Hochschulen auf, ihre Zusammenarbeit mit der HKU zu überprüfen.
In seiner Erklärung richtete sich Tai auch persönlich an die Peking-treue Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam. "Auch wenn ich weiß, dass es vergeblich ist: Carrie Lam kann sich ihrer Verantwortung für die Einschränkung der akademischen Freiheit Hongkongs nicht entziehen", schrieb Tai.
Der Juraprofessor war nach eigenen Angaben am Dienstag nach einem internen Disziplinarverfahren von der HKU entlassen worden. "Das ist das Ende der akademischen Freiheit in Hongkong", schrieb der 56-Jährige. Tai beschuldigte die Bildungsbehörden in der chinesischen Sonderverwaltungszone, sich dem politischen Druck aus Peking gebeugt zu haben.
Tai beklagte, dass es akademischen Mitarbeiterin in Hongkonger Bildungseinrichtungen nicht mehr freistehe, "gegenüber der Öffentlichkeit kontroverse Aussagen über politisch oder gesellschaftlich umstrittene Angelegenheiten" zu machen. Seinen Kampf "für die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong" werde er nicht aufgeben, schrieb er weiter.
Tai ist eine führende Figur innerhalb der pro-demokratischen Bewegung Hongkongs. Er saß bereits wegen der Beteiligung an den Demokratie-Protesten im Jahr 2014 für 16 Monate im Gefängnis.
Das Verbindungsbüro der chinesischen Regierung in der Sonderverwaltungszone bezeichnete Tai am Dienstag als "böse" und begrüßte die Entlassung des Professors. Erst vor kurzem hatte das Verbindungsbüro Tai vorgeworfen, er wolle eine "Revolution" anzetteln.
Die HKU selbst äußerte sich bislang nicht öffentlich zu den Gründen für Tais Entlassung. Am Dienstagabend teilte die Universität lediglich mit, sie habe eine "Personalangelegenheit geklärt". Auf Medienanfragen reagierte die HKU zunächst nicht.
Mehrere Wissenschaftskollegen und Demokratieaktivisten erklärten sich solidarisch mit Tai. Der Politikwissenschaftler Joseph Chan von der HKU nannte Tai einen "Märtyrer für den zivilen Ungehorsam". Die HKU habe ihren Ruf geopfert und könne sich fortan "nicht mehr erhobenen Hauptes in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft" sehen lassen, schrieb Chan bei Facebook.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte internationale Hochschulen auf, ihre Kooperation mit der HKU zu überdenken. Die Wissenschaftsgemeinde müsse für die Freiheit der Wissenschaft eintreten und den Hongkonger "Skandal" ansprechen, erklärte die HRW-China-Expertin Sophie Richardson.
Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong warf der chinesischen Zentralregierung vor, hinter der Entlassung Tais zu stecken. "Peking dehnt jetzt seine Reichweite auf die akademische Freiheit in Hongkong aus", kritisierte er.
Die Regierung in Peking hatte Ende Juni ein von internationalen Protesten begleitetes sogenanntes Sicherheitsgesetz zu Hongkong beschlossen. Damit reagierte sie auf die monatelangen und teils gewalttätigen Massenproteste der Hongkonger Demokratiebewegung im vergangenen Jahr. Das Gesetz, das die demokratischen Freiheiten in Hongkong untergräbt, erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die aus ihrer Sicht die nationale Sicherheit bedrohen.
Im Zuge des Sicherheitsgesetzes wurden unter anderem Bücher von Demokratie-Aktivisten aus Hochschulbibliotheken entfernt. Der Zentralregierung nahestehende Vertreter Hongkongs forderten zudem die Installation von Kameras zur Überwachung von Dozenten.
by Anthony WALLACE