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Holpriger Start bei erster Vorwahl von Oppositionsbündnis in Ungarn

Wahlsystem abgestürzt - Orban-Gegner gehen von Cyberangriff aus

Holpriger Start für die Opposition in Ungarn: Die erste Vorwahl eines breiten Bündnisses für gemeinsame Kandidaten gegen die regierende Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban musste wegen eines Absturzes des Wahlsystems am Samstag bereits kurz nach Beginn abgebrochen werden, wie der nationale Vorwahlausschuss mitteilte. Die Organisatoren gehen von einem Cyberangriff aus.

In den bis zum kommenden Wochenende laufenden Abstimmungen wollen sechs Parteien vom linken bis rechten Rand des politischen Spektrums gemeinsame Kandidaten in den 106 Wahlbezirken des Landes festlegen. Ziel ist es, bei der Parlamentswahl im kommenden Frühjahr Orban und seine seit 2010 regierende Fidesz-Partei abzulösen.

"Die Opposition kann nur mit Fidesz konkurrieren, wenn sie einen gemeinsamen Block bildet, das haben wir auf die harte Tour gelernt", sagte der Grünen-Politiker Antal Csardi der Nachrichtenagentur AFP. Die nun erstmals stattfindende Vorwahl sei "eine Innovation, die uns aufgezwungen wurde".

Orban verfügt seit 2014 über eine überwältigende Mehrheit im Budapester Parlament. Das ungarische Wahlsystem ist eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahl. Eine Verfassungsreform der Regierung im Jahr 2012 stärkte jedoch das Element der Mehrheitswahl erheblich, wovon die stärkste Partei besonders profitiert. In den allermeisten Wahlbezirken ist dies Fidesz.

Bei den Kommunalwahlen 2019 hatten die Oppositionsparteien erstmals auf lokaler Ebene Bündnisse geschmiedet. Beteiligt waren sehr unterschiedliche Parteien wie die ungarischen Grünen und die nationalistische Jobbik-Partei. In der Folge verlor Fidesz mehrere große Städte, darunter die Hauptstadt Budapest.

Das habe "in den Kreisen der Macht" wohl Angst ausgelöst, erklärten die verbündeten Oppositionsparteien am Samstag. Oppositionsführer machten Orban und die Regierung für den mutmaßlichen Cyberangriff auf das Wahlsystem verantwortlich. Budapests grün-liberaler Bürgermeister Gergely Karacsony verwies indes darauf, dass einige der irregulären Zugriffe von chinesischen IP-Adressen kamen.

Die Opposition zeigte sich dennoch kämpferisch: "Egal, welcher Angriff kommt und woher er kommt, es gibt keine Kraft, die diesen historischen Prozess aufhalten kann", erklärte das Sechs-Parteien-Bündnis.

Nach Angaben des Vorwahlausschusses waren zu Beginn der Abstimmung massenhaft Stimmen unbekannter Herkunft abgegeben worden, was einen Systemabsturz zur Folge hatte. Die Wahl wurde daraufhin unterbrochen und soll am Montag wieder aufgenommen werden.

Karacsony gilt als möglicher Herausforderer Orbans. Er hat gute Chancen, aus der Vorwahl als gemeinsamer Spitzenkandidat des Oppositionsbündnisses hervorzugehen. Weitere aussichtsreiche Bewerber um die Spitzenkandidatur sind Jobbik-Chef Peter Jakab und die sozialistische EU-Abgeordnete Klara Dobrev. Sollte die Vorwahl in den Wahlbezirken kein klares Ergebnis liefern, ist vom 4. bis 10. Oktober eine Stichwahl geplant.

Die ideologischen Gräben zwischen den Oppositionsparteien sind teils erheblich. Klar sichtbar wurde dies etwa bei der Parlamentsabstimmung über das umstrittene Homosexuellen-Gesetz der Fidesz-Regierung: Die Jobbik-Nationalisten stimmten für das Verbot von "Werbung" für Homo- und Transsexualität, die anderen Bündnispartner boykottierten die Abstimmung.

Dennoch könnte das Kalkül der Oppositionsparteien aufgehen. "Den meisten ihrer Wähler geht es bei der Wahl im nächsten Jahr nur darum, ob Viktor Orban gehen muss oder nicht", sagt Daniel Mikecz vom Think Tank Republikon. Die Opposition wirft dem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten einen autokratischen Führungsstil und Korruption vor. Seine Regierung steht auch in der EU seit Jahren wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen in der Kritik.

by ATTILA KISBENEDEK