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Hohe Kunststoffkonzentrationen in Algen unter arktischem Meereis nachgewiesen

In Algen unter dem arktischen Meereis haben Forschende des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) etwa zehnmal höhere Kunststoffkonzentrationen als in dem sie umgebenden Wasser gemessen. Wie das Institut am Freitag mitteilte, sehen die Experten darin ein mögliches Einfallstor für mikroskopisch kleine sogenannte Mikroplastikpartikel in die Nahrungsketten. Die Algen werden demnach von Plankton gefressen, das Fischen als Nahrung dient. Sie sinken außerdem in die Tiefsee und könnten erklären, warum es auch dort hohe Mikroplastikkonzentrationen gibt.

"Wir haben endlich eine plausible Erklärung dafür gefunden, warum wir auch im Tiefseesediment immer im Bereich des Eisrands die größten Mengen von Mikroplastik finden", erklärte Forschungsleiterin Melanie Bergmann vom AWI. "Die Algen befördern Mikroplastik auf direktem Weg mit nach unten zum Meeresboden." Dort dienten sie bodenlebenden Tieren und Bakterien als Nahrung.

Das AWI forscht bereits seit längerem zur Anreicherung von Mikroplastik und Chemikalien selbst in der weitgehend menschenleeren Arktis. Laut Institut finden sich dort Kunststoffe wie Polyester, Nylon und Polypropylen sowie Farbstoffe und andere Substanzen. Die Folgen für die Umwelt und letztlich auch den Menschen seien bislang "schwer einzuschätzen", betonte das Institut. Mikro- und Nanoplastik seien inzwischen bereits vielfach im Gewebe von Tieren und Menschen nachgewiesen worden, die Folgen aber seien "noch kaum erforscht".

Die Erkenntnisse zur Konzentration von Mikroplastik in der unter dem Meereis wachsenden Alge Melosira arctica, die in der Fachzeitschrift "Environmental Science and Technology" veröffentlicht wurden, stammen von einer Expedition des Polarforschungseisbrechers "Polarstern" 2021. Das AWI-Forschungsteam sammelte Proben unter Eisschollen und untersuchte diese später im Labor.

Die Algenart vermehrt sich nach Angaben der Wissenschaftler im arktischen Frühling und Sommer rasant und bildet dabei meterlange Zellfäden mit einer schleimartigen Oberflächenstruktur, die an der Unterseite des Eises haften. Wenn die Zellen absterben und das Eis schmilzt, bilden sich Klumpen, die mehrere tausende Meter bis zum Grund der arktischen Tiefsee absinken können.

Die Experten vermuten, dass Mikroplastikpartikel aus der Umgebung aufgrund der schleimigen Struktur der Fadenalgen besonders gut an diesen haften und deshalb von den pflanzenartigen Organismen so stark angereichert werden. Als Quellen kommen demnach unter anderem das Meerwasser selbst, Niederschläge wie Schnee sowie das Meereis in Betracht. Sie plädieren für eine globale Reduzierung der Produktion von neuem Plastik, um das Ausmaß der Verschmutzung zu reduzieren.

bro/cfm