1908:

Hitzige Debatte über Asylpolitik auf Grünen-Parteitag

Die Grünen haben am Samstagabend in einer kontroversen und hoch emotionalen Debatte über das Thema Migration debattiert. Mehrere Rednerinnen und Redner der Grünen Jugend forderten, die Grünen in der Regierung dürften keine weiteren Asylrechtsverschärfungen mittragen. "Es darf nicht wahr sein, dass das Asylrecht noch weiter eingeschränkt wird", sagte die neue Bundessprecherin der Grünen Jugend, Katharina Stolla. Parteichef Omid Nouripour verteidigte den Kurs der Grünen in der Bundesregierung. 

"Wir als Regierungspartei werden daran gemessen, ob wir Antworten liefern", sagte Nouripour. Es müsse Lösungen etwa für die Situation am Wohnungsmarkt und für die Integration geben, die in vielen Kommunen kaum noch möglich sei. Es gehe darum, alles dafür zu tun, "damit die Belastung überschaubar und beherrschbar wird", betonte der Grünen-Vorsitzende. Deshalb trage der Dringlichkeitsantrag des Parteivorstands die Überschrift "Humanität und Ordnung". 

Es müsse auch über das Thema Rückführung geredet werden, sagte Nouripour. Wer ein Einwanderungsgesetz mache, überlege, wer kommen solle "und wer nicht". In dem Dringlichkeitsantrag des Parteivorstands heißt es: "Steuerung, Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu." Darin wird auch davor gewarnt, dass die Politik die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger verliere, wenn sie ihrer Verantwortung nicht nachkomme.

Die Grüne Jugend kritisierte "Vorurteile und Populismus" in der migrationspolitischen Debatte. Die Ärmsten der Gesellschaft würden gegeneinander ausgespielt, heißt es in einem Änderungsantrag. Die Grünen dürften sich "nicht daran beteiligen, vermeintliche Handlungsfähigkeit durch Scheinlösungen zu demonstrieren". 

In dem Antrag heißt es: "Weiteren Asylrechtsverschärfungen, wie etwa restriktiveren Regelungen für Rückführungen, der Kürzung von Sozialleistungen für Geflüchtete, der Absenkung von Schutzstandards, einer Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, Schnellverfahren an Außengrenzen, der Unterbringung von Flüchtenden in Außengrenzlager sowie der Zurückweisung von Flüchtenden in vermeintlich sichere Drittstaaten dürfen weder die grünen Minister*innen in Bund und in den Ländern noch grüne Fraktionen zustimmen."

Grüne-Jugend-Chefin Stolla sagte: "Wer den Rechten hinterherläuft, der gerät in Stolpern." Es gebe keinen Grund für weitere Asylrechtsverschärfungen. Stolla forderte "Politik aus Liebe zu allen Menschen und nicht Politik aus Liebe zum Koalitionspartner".

Der Kölner Delegierte Leon Schlömer sagte, er könne in Deutschland eine "Debattenverschiebung nach Rechts" erkennen. "Die Antwort auf den Rechtsruck in der Gesellschaft kann doch nicht sein, den Faschisten immer weiter entgegenzukommen." Ebenso wie andere junge Rednerinnen und Redner forderte er, die Grünen müssten die Partei sein, "die sagt: Kein Mensch ist illegal".

Über den Antrag des Parteivorstands und die Änderungsanträge soll am späteren Abend abgestimmt werden.

cha/bk