Der Chef der Hells Angels aus Deutschland wurde in Thailand festgenommen! Die Beamten betraten ein Restaurant in Chiang Rai, einer Metropole im Norden Thailands, wo Dennis F. (50) gerade einen Cappuccino genoss. Sie zeigten ihm ein Dokument, dessen asiatische Schriftzeichen er nicht entziffern konnte. Dennoch war ihm klar, dass das Spiel aus war. Das Dokument war ein Haftbefehl. Damit endete die achtjährige Flucht des Führers der "Hells Angels" aus Kiel.
Am 30. Januar 2009 rollte ein dunkles Fahrzeug auf den Parkplatz der "Holstentherme" in Kaltenkirchen, Schleswig-Holstein. Zwei maskierte Personen stiegen aus und gaben fünf Schüsse auf André D. (32) ab. Er erlitt eine Verletzung am Oberschenkel und brach blutüberströmt zusammen. Beatrice F., eine 19-jährige Begleitung von ihm, zeigte keine Regung. Das Landgericht Kiel stellte später fest, dass die junge Frau André D. mit einem Nacktvideo dazu überredet hatte, mit ihr zur Therme zu gehen. Beatrice F., die Besitzerin eines Tattoo- und Piercingstudios, war die Freundin und spätere Ehefrau von Dennis F., dem Führer der "Hells Angels" in Kiel. Laut Gericht hatte sie ihr Auto mit André D. auf den hintersten Teil des Parkplatzes gelenkt, wo die maskierten Männer auf ihn warteten. Diese waren mit Knüppeln und Pistolen bewaffnet. Der Grund? D. war Mitglied der verfeindeten Rockergruppe "Bandidos". Es wurde behauptet, er hätte im März 2007 ein Mitglied der "Hells Angels" in Kiel vor einer Disko mit einem Messer attackiert. Jetzt lag André D. mit einem zerschossenen Oberschenkel auf dem Parkplatz und würde den Rest seines Lebens behindert sein.
Am 23. Dezember 2015 wurde Dennis F. vom Landgericht Kiel zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Anklage hatte ursprünglich nur drei Jahre und drei Monate gefordert. Das Gericht war davon überzeugt, dass Dennis F. die Täter engagiert hatte, die André D. verstümmelt hatten. Allerdings war Dennis F. während des Urteils nicht anwesend - er wurde in Abwesenheit verurteilt. Zu Beginn des Prozesses war der 50-Jährige noch erschienen. Doch ab dem 26. Oktober fehlte er. Sein Anwalt gab an, sein Mandant sei im Ausland in einen Motorradunfall verwickelt gewesen und könne daher nicht nach Deutschland zurückkehren. Später hieß es, Dennis F. habe nicht genug Geld für ein Flugticket. Dennoch reichte das Geld für eine luxuriöse Hochzeit! In der Provinz Sa Kaeo im Osten Thailands heirateten Dennis F. und eine Einheimische in einer traditionellen Zeremonie, was beim Gericht nicht gut ankam. Ein Sprecher sagte damals gegenüber uns: "Bei eigenmächtiger Abwesenheit eines Angeklagten ist es grundsätzlich möglich, einen Haftbefehl zu erlassen." Am 18. Januar 2017 erließ die Staatsanwaltschaft Kiel diesen Haftbefehl und Dennis F. wurde international zur Fahndung ausgeschrieben. Auch die thailändischen Behörden erhielten ein Rechtshilfeersuchen, also die Bitte um Auslieferung.
Am 22. August 2023 wurde Dennis F. in einem Hotelrestaurant in Chiang Rai von thailändischen Polizisten festgenommen - mehr als sechseinhalb Jahre nach der Ausstellung des internationalen Haftbefehls. Laut shz.de hat Dennis F. seine Auslieferung nach Deutschland bereits zugestimmt. Dies ist wenig überraschend, da die Haftbedingungen in thailändischen Gefängnissen weit weniger komfortabel sind als hier. Oberstaatsanwalt Bimler erklärte gegenüber uns: "Normalerweise holen deutsche Polizisten ihn in Thailand ab und bringen ihn mit einem Direktflug nach Deutschland. Dort wird er sofort ins Gefängnis gebracht." Dennis F. muss dann "nur" noch neun Monate absitzen, da die Untersuchungshaft angerechnet wird. Außerdem erhielt er einen Strafnachlass von sechs Monaten, da es nach der Anklage lange dauerte, bis das Verfahren begann. Es sei denn, seine Hochzeit in Thailand wird Dennis F. noch zum Verhängnis. Immerhin war der 50-Jährige, als er dort "Ja" sagte, in Deutschland bereits mit Beatrice F. verheiratet. Sollte die Hochzeit in Thailand nicht nur eine "landestypische Zeremonie", sondern nach den dortigen Gesetzen rechtsgültig gewesen sein, könnte es in Deutschland zu einer Anklage nach §172 des Strafgesetzbuches ("Doppelehe; doppelte Lebenspartnerschaft") kommen. In diesem Fall drohen Dennis F. erneut bis zu drei Jahre Gefängnis.