Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will für Sozialleistungen wie Hartz IV einen Aufschlag wegen der Corona-Pandemie durchsetzen. "Besonders für hilfebedürftige Menschen in den Grundsicherungssystemen bedeuten die verlängerten und andauernden Corona-Maßnahmen auch zusätzliche soziale Sorgen im Alltag", sagte Heil am Freitag in Berlin. Staatliche Unterstützung stellte er zudem bei der Beschaffung von medizinischen Schutzmasken in Aussicht.
Derzeit seien nicht nur Kitas und Schulen geschlossen, sondern auch viele soziale Einrichtungen, argumentierte Heil. "Gleichzeitig entstehen für viele Menschen zusätzliche Ausgaben etwa für Hygieneartikel." Besonders von diesen Problemen betroffen seien Kinder, Alleinerziehende, Ältere, Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderungen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen seien.
"Auch die Versorgung von Grundsicherungsempfängern mit medizinischen Masken muss gesichert sein", forderte der Minister. Diese OP- oder FFP2-Masken sind gemäß den Bund-Länder-Beschlüssen vom Dienstag künftig in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln vorgeschrieben. Bislang gibt es aber nur für Ältere und für Menschen mit Vorerkrankungen staatliche Unterstützung für die Beschaffung. Heil will nun sicherstellen, dass es auch für Hartz-IV-Empfänger "keine finanziellen Hürden gibt, Masken zu besorgen".
Der Minister kündigte an, er wolle die geplanten Hilfen zügig auf den Weg bringen. Allerdings räumte er ein, dass seine Pläne noch nicht in der Koalition und in der Bundesregierung abgestimmt seien. Dazu solle es am Wochenende und Anfang kommender Woche Gespräche geben. Zur möglichen Höhe eines Corona-Zuschlags für Hartz-IV-Empfänger legte sich der Minister zunächst nicht fest.
Im vergangenen Sommer waren Forderungen nach einem Corona-Aufschlag auf die Hartz-IV-Regelsätze vor allem aus CDU und CSU zurückgewiesen worden. Angesichts der langen Dauer der Pandemie-bedingten Härten sei jedoch "jetzt jedem klar", dass man diese "sozial abfedern" müsse, zeigte sich Heil optimistisch mit Blick auf eine Einigung.
Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich zunächst lediglich zur Frage der Masken. Hier werde die Bundesregierung über zusätzliche Unterstützung "zeitnah beraten und auch zeitnah einen Beschluss fassen", sicherte er zu.
"Der Vorschlag von Arbeitsminister Heil kommt nach fast einem Jahr Pandemiegeschehen viel zu spät", kritisierten Grünen-Fraktionsvize Anja Hajduk und der Sozialexperte Sven Lehmann. Eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze sei generell "schon lange überfällig, in der Pandemie ist sie zwingend", hoben sie hervor. Lehmann forderte "einen monatlichen Aufschlag in der Grundsicherung von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder".
"Seit Beginn der Corona Krise wird die Linke nicht müde darauf hinzuweisen, dass es dringend einen Corona-Zuschlag auf Sozialleistungen braucht", warf auch Linken-Chefin Katja Kipping Heil zu langes Zögern vor. "Diese Verspätung um ein dreiviertel Jahr bedeutete für die Ärmsten im Land noch mehr Existenznöte und noch mehr Sorgen."
Der FDP-Sozialexperte Pascal Kober wies darauf hin, dass viele Menschen wegen der Corona-bedingten Mehrausgaben etwa für Hygieneartikel in den vergangenen Monaten nicht mehr genug Geld zur Deckung des Existenzminimums gehabt haben dürften. "Es wäre daher richtig gewesen, Hartz-IV-Empfängern schon mit Beginn der Pandemie einen unbürokratischen Zuschuss zu gewähren."
by John MACDOUGALL