Im Haushaltsausschuss des Bundestags laufen seit Donnerstagvormittag die letzten Arbeiten am Bundesetat für 2021. In der so genannten Bereinigungssitzung werden aktuelle Änderungen in die Budgetplanung eingearbeitet - auch die Beschlüsse zur Corona-Pandemie vom Mittwochabend. Damit dürfte die Neuverschuldung laut Medienberichten auf mehr als 180 Milliarden Euro steigen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich darauf verständigt, die geltenden Corona-Einschränkungen bis mindestens zum 20. Dezember zu verlängern - und damit auch die Ausgleichszahlungen für von Schließungen betroffene Betriebe in Gastronomie oder Freizeitbereich.
Mit diesen und weiteren Corona-Hilfen dürfte die Neuverschuldung laut übereinstimmenden Berichten von "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Süddeutsche Zeitung" und "Handelsblatt" noch einmal um 20 Milliarden Euro ansteigen.
Der FDP-Haushälter Otto Fricke schrieb dazu auf Twitter: "Hab ich auch noch nicht erlebt, dass am Abend vor der Bereinigungssitzung die Verschuldung mal eben um einen zweistelligen Milliardenbetrag erhöht wird durch den Beschluss eines Gremiums, das es eigentlich in der Verfassung gar nicht gibt." Mit dieser Bemerkung bezog er sich auf die Ministerpräsidentenrunde mit Merkel.
Der ursprüngliche Etatentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine Neuverschuldung von 96,2 Milliarden Euro vorgesehen. Bereits Anfang der Woche hatte sich wegen des Teil-Lockdowns ab November und weiterer Zusatzkosten jedoch abgezeichnet, dass die Schuldenaufnahme um fast 70 Milliarden Euro höher ausfallen würde.
Die neuen rund 20 Milliarden Euro, von denen die Zeitungen unter Berufung auf Angaben aus Regierungskreisen berichteten, kämen dann noch dazu, außerdem laut "Handelsblatt" womöglich weitere Kredite zur Finanzierung höherer Steuerzuschüsse an die Sozialkassen. Da es offensichtlich auch kleinere Einsparungen gibt, bezifferte die "SZ" die zu erwartende Gesamtsumme nun mit 181 Milliarden Euro.
Allerdings dürfte der Bund dafür 2020 weniger neue Schulden aufnehmen als die im Etat veranschlagten rund 218 Milliarden Euro. Erwartet wird laut "Handelsblatt" nun für das laufende Jahr eine Nettokreditaufnahme zwischen 160 und 200 Milliarden Euro. Dies liegt unter anderem daran, dass einige für 2020 eingeplante Unternehmenshilfen erst im kommenden Jahr ausbezahlt werden.
Die FDP hält die Schulden für zu hoch. "CDU und CSU schauen schweigend dabei zu, wie Herr Scholz den Haushalt mit Mitteln aufbläht, die kein bisschen zur Krisenbewältigung beitragen", sagte Fraktionsvize Christian Dürr der Nachrichtenagentur AFP.
So fließe nur "ein Bruchteil" der Schulden ins Gesundheitssystem, obwohl das Geld dort dringend gebraucht werde. "Von den Überbrückungshilfen ist viel zu wenig bei den Menschen angekommen." Zwar sei es richtig, "in dieser schweren Krise Schulden aufzunehmen - aber man muss die Mittel richtig einsetzen", urteilte Dürr.
Mehrere Mitglieder des 44-köpfigen Haushaltsausschusses veröffentlichten am Donnerstagvormittag Fotos auf Twitter, die sie beim Studieren großer Mengen von Unterlagen zeigten. "Vorbereitung auf einen langen Tag", schrieb dazu die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz. Ihr Fraktionskollege Sven-Christian Kindler sagte voraus: "Vor Freitag sind wir nicht durch."
Die Ausschussberatungen dauern für gewöhnlich bis tief in die Nacht. Die Ergebnisse stellen die Fraktionen am Freitag auf mehreren Pressekonferenzen vor. Im Plenum wird der Haushalt 2021 abschließend in der Woche ab dem 7. Dezember beraten.
by INA FASSBENDER