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Hartz-IV-Sätze steigen zum Jahreswechsel etwas stärker an

Wegen gestiegener Preise und Löhne - Verbände: Weiter viel zu gering

Die Hartz-IV-Sätze steigen zum Januar etwas stärker als bislang erwartet. Alleinstehende Erwachsene erhalten künftig 446 Euro monatlich, das sind 14 Euro mehr als aktuell, wie das Bundesarbeitsministerium am Dienstag mitteilte. Der Regelsatz für Jugendliche ab 14 Jahren steigt demnach um 45 Euro auf 373 Euro. Sozialverbände und die Grünen kritisierten, die Leistungen seien weiterhin viel zu gering. Der DGB erklärte: "So wird Armut nicht bekämpft, sondern zementiert."

Ehegatten und Partner erhalten künftig 401 Euro, Erwachsene unter 25 Jahren ohne eigenen Haushalt 357 Euro. Zudem soll der Regelsatz für Kinder bis fünf Jahre statt bisher 250 Euro im neuen Jahr 283 Euro betragen. Die endgültige Anpassung der Sätze erfolgte auf Grundlage aktueller Einkommens- und Verbraucherdaten.

Für die Sechs- bis 13-Jährigen erhöht sich der Satz um nur einen auf 309 Euro. Das Ministerium weist darauf hin, dass deren Leistung zwar im nächsten Jahr nahezu konstant bleiben wird, diese Altersgruppe aber bei der letzten Neuberechnung für das Jahr 2017 weit überproportional profitiert habe. Der Anstieg von 2016 auf 2017 habe 21 Euro betragen.

Das Ministerium wies weiter darauf hin, dass bei der Neuberechnung der Sätze die Kosten der Telekommunikation erstmals vollständig berücksichtigt würden. Das Bundeskabinett hatte im August die Anpassung der Hartz-IV-Sätze zum Jahreswechsel beschlossen. Zu dem Zeitpunkt war geplant, dass alleinstehende Erwachsene ab Januar 439 Euro und Jugendliche ab 14 Jahren 367 Euro im Monat erhalten sollen - vorbehaltlich der nun erfolgten aktuellen Anpassung.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) betonte, dass nur die ohnehin geplante Fortschreibung der Regelsätze vorgenommen wurde. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel erklärte, es wäre "unredlich und zynisch", dies den Ärmsten als Erhöhung zu verkaufen. Sie verwies darauf, dass sich der Regelsatz daraus herleite, was die einkommensschwächsten 15 Prozent der Haushalte laut Statistik ausgeben können. Auch mit dem neuen Regelsatz liege das Hartz-IV-Leistungsniveau "unterhalb der offiziellen Armutsgrenze".

Der Paritätische Gesamtverband kritisierte die Sätze als "realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig". Der Verband warf der Bundesregierung "statistische Trickserei und unverschämtes Kleinrechnen" vor und kündigte eigene Berechnungen für einen bedarfsgerechten Regelsatz an. Das Deutsche Kinderhilfswerk forderte ebenfalls eine grundlegende Reform. Es müsse bedarfs- und realitätsgerecht ermittelt werden, was Kinder brauchen, erklärte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann.

Der Grünen-Sozialpolitiker Sven Lehmann erklärte: "Eine Anhebung des Regelsatzes um 14 Euro für Erwachsene gleicht im Wesentlichen die gestiegenen Preise aus und verpufft damit." An der finanziellen Notlage der Menschen ändere die Regelsatzanpassung nichts. Es sei "fahrlässig, dass die Bundesregierung die Regelsätze weiterhin politisch kleinrechnet", kritisierte Lehmann.

Eine "grundlegende Hartz-IV-Reform" forderte auch der sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober. "Euroweise Erhöhungen führen letztlich nicht weiter", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Wir müssen den Menschen mehr vom selbstverdienten Geld zu lassen." Es sei ungerecht, dass ihnen von einem 450-Euro-Job nur 170 Euro blieben. Zudem müssten die Leistungen für Bildung von Kindern in Hartz-IV-Haushalten verdoppelt werden, um die "Vererbung von Armut" zu stoppen.

by FABRIZIO BENSCH