Die oppositionelle US-Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat sich in ihrer Antrittsrede als leidenschaftliche Verfechterin der Bürgerrechte präsentiert - und US-Präsident Donald Trump politisches Versagen vorgeworfen. "Donald Trumps Führungsversagen hat Leben und Existenzen gekostet", sagte Harris am Mittwochabend (Ortszeit) beim virtuellen Nominierungsparteitag der Demokraten. Ex-Präsident Barack Obama bezeichnete Trump als Gefahr für die Demokratie und warb für seinen einstigen Stellvertreter Joe Biden, der den Amtsinhaber am 3. November herausfordert.
"Wir befinden uns an einem Wendepunkt", sagte Harris in ihrer Rede, die sie in Bidens Heimatstadt Wilmington im Bundesstaat Delaware hielt. Sie warf Trump "Inkompetenz" und "Herzlosigkeit" vor. "Wir haben jetzt einen Präsidenten, der aus unseren Tragödien politische Waffen macht", sagte die Senatorin mit jamaikanisch-indischen Wurzeln. Biden werde dagegen "ein Präsident, der uns alle zusammenbringen wird".
Die 55-jährige Juristin bekräftigte die Werte "Anstand und Fairness, Gerechtigkeit und Liebe" und kündigte einen entschlossenen Wahlkampf an: "Bei dieser Wahl haben wir die Chance, den Gang der Geschichte zu verändern", sagte Harris. "Lasst uns mit Überzeugung kämpfen. Lasst uns mit Hoffnung kämpfen. Lasst uns mit Vertrauen in uns kämpfen."
Bei einem Wahlsieg würde Harris Geschichte schreiben - als erste Frau und erste Schwarze würde sie Vizepräsidentin der USA. Bei ihrem Einzug in den US-Senat 2017 war sie erst die zweite afroamerikanische Frau in der Parlamentskammer.
Ihre Biographie machte Harris auch in ihrer Nominierungsrede zum Thema. So schilderte die 1964 im kalifornischen Oakland geborene Demokratin, wie ihre Eltern sie als kleines Mädchen im Kinderwagen zu Bürgerrechtsparteien mitnahmen. Nach der Scheidung von ihrem Vater habe ihre Mutter sie und ihre Schwestern dazu erzogen, "stolze, starke schwarze Frauen zu werden".
Vor Harris hatte Obama gesprochen. "Ich hatte gehofft, dass Donald Trump zum Wohle unseres Landes Interesse daran zeigen könnte, den Job ernst zu nehmen; dass er das Gewicht des Amtes spüren und Ehrfurcht für die Demokratie entdecken könnte, die in seine Obhut gelegt wurde", sagte der Ex-Präsident. "Aber das hat er nie."
"Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann." Das habe ernsthafte Konsequenzen: In der Corona-Pandemie seien in den USA 170.000 Menschen gestorben, Millionen Menschen hätten ihren Job verloren, der Ruf der USA habe weltweit Schaden genommen, und "unsere demokratischen Institutionen sind bedroht wie nie zuvor". Biden und Harris könnten "dieses Land aus dunklen Zeiten führen und besser neu aufbauen", sagte der erste schwarze Präsident der US-Geschichte.
Der 77-Jährige Biden hält seine Nominierungsrede am Donnerstag zum Abschluss des viertägigen Parteitags. In den Umfragen liegt er derzeit vor dem drei Jahre jüngeren Präsidenten.
Die frühere Außenministerin Hillary Clinton, die Trump bei der Präsidentschaftswahl 2016 unterlegen war, forderte am Mittwoch eine ehrgeizige Wählermobilisierung. Dies dürfe keine weitere Wahl des "hätte, hätte können, hätte sollen" werden.
Am dritten Tag des wegen des Coronavirus überwiegend virtuell abgehaltenen Parteitags ging es inhaltlich um Themen wie Schusswaffengewalt, die Erderwärmung, Migration, Frauenrechte und den Kampf gegen die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise. Neben Politikern kamen erneut zahlreiche Bürger zu Wort: Opfer von Schusswaffengewalt, Einwanderer und Klimaschutzaktivisten.
Pop-Nachwuchsstar Billie Eilish führte ihren neuen Song "My Future" auf und appellierte an alle, zur Wahl zur gehen. "Wir müssen alle wählen gehen, als ob unsere Leben und die Welt davon abhingen - weil sie es tun."
by Von Olivier DOULIERY