Im Krieg zwischen Israel und der Hamas sind nach Angaben der radikalislamischen Palästinenserorganisation sowie eines Klinikdirektors am Freitag der größte Krankenhauskomplex im Gazastreifen sowie ein Schulgebäude von tödlichem Beschuss getroffen worden. Dutzende Menschen wurden diesen Angaben zufolge dabei getötet. Die Hamas und der Leiter des Al-Schifa-Krankenhauses im Zentrum der Stadt Gaza machten Israel für die Angriffe verantwortlich. Israel korrigierte unterdessen die Zahl der Opfer durch den Hamas-Angriff auf das Land nach unten - von rund 1400 auf 1200.
Zur Lage am Al-Schifa-Krankenhaus sagte Klinikdirektor Mohammed Abu Salmija, israelische Panzer hätten am Freitag das Gelände des Al-Schifa-Krankenhauses beschossen und die Entbindungsstation beschossen. Die Hamas sprach von 13 Toten und "dutzenden Verletzten" durch diesen Beschuss.
Salmija berichtete zudem von "rund 50 Leichen", die nach einem Beschuss der Al-Burak-Schule in der Stadt Gaza am Freitagmorgen in sein Krankenhaus gebracht worden seien. Das Schulgebäude dient demnach als Unterkunft für Flüchtlinge.
Die Angaben ließen sich von der Nachrichtenagentur AFP zunächst nicht überprüfen. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten. Am Donnerstagabend hatte sie heftige Kämpfe nahe des Al-Schifa-Krankenhauses gemeldet und mitgeteilt, "mehr als 50 Terroristen" getötet und von den Hamas genutzte Tunnel zerstört zu haben.
Israel wirft der Hamas immer wieder vor, das Al-Schifa-Krankenhaus und andere Krankenhäuser als Verstecke zu nutzen und Zivilisten als "Schutzschilde" zu missbrauchen, was die militante Palästinenserorganisation bestreitet. "Wenn wir Hamas-Terroristen von Krankenhäusern aus schießen sehen, werden wir tun, was wir tun müssen. Wenn wir Hamas-Terroristen sehen, werden wir sie töten", sagte der israelische Armeesprecher Richard Hecht am Freitag.
Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen belagerten israelische Panzer am Freitag auch vier Krankenhäuser im Westen von Gaza. Augenzeugen berichteten von Panzern rund um das Kinderkrankenhaus Al-Rantisi.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zeigte sich alarmiert über den Zustand des Gesundheitssystems in dem Palästinensergebiet. Das Leben "tausender Verletzter, Kranker und Vertriebener" sei dadurch gefährdet, warnte die Organisation. Die Zerstörung von Krankenhäusern sei "unerträglich und muss aufhören", erklärte das IKRK. Es betonte, gemäß dem Völkerrecht seien Krankenhäuser besonders geschützte Einrichtungen.
Der Leiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), Philippe Lazzarini, forderte ein Ende des "Blutbads". "Ganze Stadtteile dem Erdboden gleichzumachen, ist keine Antwort auf die ungeheuerlichen Verbrechen der Hamas", erklärte er in Richtung Israel. Seit Beginn des Krieges vor rund fünf Wochen wurden laut Lazzarini bereits mehr als 100 UNRWA-Mitarbeiter getötet.
Mit ihren massiven Angriffen im dicht besiedelten Gazastreifen reagiert die israelische Armee auf den beispiellos brutalen Angriff der Hamas auf Israel. Hunderte Hamas-Kämpfer waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt, darunter zahlreiche Kinder. Mehr als 240 Menschen wurden nach israelischen Angaben in den Gazastreifen verschleppt.
Am Freitag korrigierte die israelische Regierung die Zahl der Toten durch den Hamas-Angriff nach unten: Dabei seien etwa 1200 Menschen in Israel getötet worden, nicht 1400 wie bisher vermutet, sagte Außenministeriumssprecher Lior Haiat der AFP. Es handle sich um eine "aktualisierte Schätzung".
Israel hatte der Hamas nach deren Angriff den Krieg erklärt. Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen wurden seither nach Angaben der Hamas mehr als 11.000 Menschen getötet, darunter 4500 Kinder. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
Um eine Flucht von Zivilisten aus dem besonders umkämpften Norden in den Süden des Gazastreifens zu ermöglichen, hatte Israel am Donnerstag nach Angaben der US-Regierung täglichen vierstündigen Feuerpausen zugestimmt. US-Außenminister Antony Blinken lobte bei einem Besuch in Indien die "Fortschritte", fügte aber hinzu, zum Schutz der Zivilbevölkerung müsse noch "viel mehr getan werden".
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unternahm unterdessen eine erneute Reise in den Nahen Osten, bei der sie sich unter anderem für die Freilassung deutscher Geiseln und eine Linderung der humanitären Not im Gazastreifen einsetzen wollte. "Gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten wir ununterbrochen daran, mehr Wege und Optionen für effektive humanitäre Hilfe zu finden", erklärte sie im Vorfeld.
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