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Hamas-Regierung: Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens "außer Betrieb"

Die Krankenhäuser im Norden des Gazastreifens sind wegen der heftigen Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der radikalislamischen Hamas nicht mehr arbeitsfähig. "Alle Krankenhäuser" im Norden des Palästinensergebietes seien "außer Betrieb", sagte Jussef Abu Risch, stellvertretender Gesundheitsminister der Hamas-Regierung, am Montag. Die israelische Armee meldete ihrerseits, dass beim Einsatz im Gazastreifen bisher 44 Soldaten getötet wurden.

Das Zentrum der Stadt Gaza wird zunehmend zum Kampfgebiet. Die israelische Armee wirft der Hamas vor, ihr militärisches Hauptquartier in Tunneln unter dem Al-Schifa-Krankenhauskomplex errichtet zu haben. Augenzeugen berichteten von massiven Luftangriffen in der Nacht zum Montag. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge stünden nur wenige Meter vor dem Tor des weitläufigen Krankenhauskomplexes.  

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hielten sich im Al-Schifa-Krankenhaus am Montagmorgen mindestens 2300 Menschen auf - Patienten, Krankenhauspersonal und Menschen, die dort Zuflucht fanden. Die Lage vor Ort sei "schlimm und gefährlich" nach "drei Tagen ohne Strom, ohne Wasser", sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. "Bedauerlicherweise ist das Krankenhaus nicht mehr funktionsfähig."

Laut dem Hamas-Vertreter Abu Risch starben in der Al-Schifa-Klinik seit dem Wochenende sieben Frühgeborene und 27 erwachsene Intensivpatienten wegen der fehlenden Stromversorgung.  

Die israelische Armee erklärte unterdessen, Zivilisten sollten auch am Montag das Al-Schifa-Krankenhaus über einen "Korridor" in Richtung Süden verlassen können. Zugleich wies sie darauf hin, dass das Gebiet "intensiven Kämpfen" ausgesetzt sei. 

Auch das Al-Kuds-Krankenhaus musste seine Arbeit nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmondes einstellen, weil es keinen Treibstoff mehr für die Generatoren gab. Ein Vertreter der Hamas-Behörden erklärte zudem, die "erzwungene Evakuierung der Kinderkrankenhäuser Al-Nasr und Al-Rantissi" habe dazu geführt, dass "die Kranken ohne Behandlung auf der Straße sind". 

Die israelische Armee erklärte derweil, ihre Soldaten würden "weiter Razzien vornehmen und terroristische Infrastruktur ins Visier nehmen, die in Regierungsgebäuden und inmitten der Zivilbevölkerung untergebracht" sei, darunter "Schulen, Universitäten, Moscheen". In der Abu Bakr-Moschee hätten Soldaten "eine große Menge Sprengstoff" gefunden sowie Waffen, Militärausrüstung und Einsatzpläne der Hamas. 

Ein weiterer Einsatz der Bodentruppen habe "im Haus eines ranghohen Vertreters des Islamischen Dschihad" stattgefunden. Dort sei "eine große Menge Waffen in einem Kinderzimmer gefunden worden", erklärte die Armee. Die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ist mit der Hamas verbündet.

Hunderte Kämpfer der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt, darunter zahlreiche Kinder. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen in Israel getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Seitdem greift das israelische Militär massiv Ziele im Gazastreifen an, inzwischen sind Bodentruppen in das Palästinensergebiet eingedrungen. Bei der Gaza-Offensive wurden inzwischen 44 israelische Soldaten getötet, wie die Armee mitteilte. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden bis Sonntagabend im Gazastreifen 11.180 Menschen getötet. 

Etwa zwei Drittel der 2,4 Millionen Bewohner des Gazastreifens sind nach Angaben des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) innerhalb des schmalen Küstengebiets auf der Flucht.

Zum Gedenken an die getöteten UN-Mitarbeiter wehten am Montag weltweit die Flaggen an Gebäuden der Vereinten Nationen auf Halbmast.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu deutete unterdessen die Möglichkeit eines Abkommens über die Freilassung zumindest einiger der von der Hamas verschleppten Geiseln an. Auf die Frage, ob es ein entsprechendes Abkommen geben könnte, sagte Netanjahu: "Das könnte sein." 

Genauere Ausführungen zu einem möglichen Geisel-Abkommen wollte Netanjahu im US-Fernsehsender NBC nicht machen. "Je weniger ich mich zu diesem Thema äußere, desto mehr erhöhe ich die Chancen, dass dies Wirklichkeit wird", sagte er.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, sagte dem Sender MSNBC, es habe "aktive Verhandlungen" gegeben. Er machte aber keine näheren Angaben.

ck/ju