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Haitis Regierungschef entlässt Staatsanwalt nach Anschuldigung im Mordfall Moïse

Regierungskommissar beantragte zuvor Anklage gegen Ministerpräsident Henry

Der haitianische Regierungschef Ariel Henry hat den Chef der Staatsanwaltschaft über seine Entlassung informiert, nachdem dieser eine Anklage gegen ihn wegen möglicher Verwicklung in die Ermordung des Staatschefs Jovenel Moïse Anfang Juli beantragt hatte. "Ich habe das Vergnügen, Sie über die Entscheidung zu informieren, Sie von Ihrem Amt zu entbinden", hieß es in dem Schreiben, das am Dienstag öffentlich wurde.

Zuvor hatte der als Chef der Staatsanwaltschaft fungierende Regierungskommissar der Hauptstadt Port-au-Prince, Bed-Ford Claude, eine Anklage Henrys beim für die Mordermittlungen zuständigen Richter beantragt. Henry hatte der Staatsanwaltschaft zufolge in der Nacht des Attentats mit einem der Hauptverdächtigen in dem Fall telefoniert. Staatsanwalt Claude forderte zudem, "aufgrund der Schwere der aufgedeckten Tatsachen" eine Ausreisesperre gegen Henry zu erlassen.

Staatschef Moïse war in der Nacht zum 7. Juli in seinem Haus in Port-au-Prince von einem Mordkommando erschossen worden. Seine Frau überlebte schwer verletzt. Der Präsident hatte als eine seiner letzten Amtshandlungen Henry zum neuen Ministerpräsidenten ernannt.

Bevor Henry jedoch das Amt Mitte Juli antreten konnte, lieferte er sich einen Machtkampf mit Interims-Ministerpräsident Claude Joseph. In der Folge wurde Joseph wieder Außenminister.

Die haitianische Regierung hatte Ende August ein Kopfgeld auf drei Hauptverdächtige für den Mord ausgeschrieben. Die Gesuchten waren Wendelle Coq Thelot, eine ehemalige Richterin am Obersten Gerichtshof des Landes, Joseph Felix Badio, ein ehemaliger Anti-Korruptions-Beamter, und John Joel Joseph, ein ehemaliger Senator der Opposition.

Die Polizei nahm bereits dutzende Verdächtige im Zusammenhang mit der Ermordung des Präsidenten fest, darunter haitianische Polizisten, kolumbianische Söldner und zwei US-Bürger haitianischer Herkunft. Unter den Festgenommenen ist auch Moïses Sicherheitschef. Laut Polizei wurde das Attentat von Haitianern mit politischen Ambitionen und Verbindungen ins Ausland geplant.

Der Mord stürzte den ohnehin von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat in eine noch tiefere Krise. Moïse hatte Haiti zuletzt per Dekret regiert, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Der Präsident war unpopulär: Viele Haitianer machten ihn für die Corona-Krise im Land und die zunehmende Gewalt durch kriminelle Banden verantwortlich.

by Von Amelie BARON